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Der Muni am Schwingfest: Tradition oder nicht mehr zeitgemäss?
Aus Schweiz aktuell vom 25.08.2022.
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ESAF und Lebendpreise Ein Muni für den Sieger: Tierschützer kritisieren Brauchtum

Im Schwingen ist es Tradition, dass die Sieger ein Tier bekommen. Tierschützer halten das für Quälerei.

Der Muni «Magnus» ist der Hauptpreis am ESAF in Pratteln. Eine imposante, kräftige Erscheinung. Rund eine Tonne bringt er auf die Waage, ist 1.80 Meter gross und gut 30'000 Franken wert.

Muni «Magnus»
Legende: «Magnus» ist im Moment noch verletzt, falls er nicht gesund ist, steht noch ein zweiter «Ersatz-Muni» bereit. Keystone / Georgios Kefalas

Unter Schwingern ist es eine besondere Ehre, solch ein eindrückliches Tier zu gewinnen: «Für die meisten ist es ein Kindheitstraum, mit einem Muni seinen Sieg zu feiern. Es ist eine Ehre, so ein mächtiges, kräftiges Tier gewinnen zu dürfen», sagt Schwinger Marcel Räbsamen. Am Eidgenössischen in Pratteln stehen für die Sieger insgesamt elf sogenannte Lebendpreise bereit.

Das ist eine grosse Belastung für die Tiere. Darauf kann man sie nicht vorbereiten.
Autor: Julika Fitzi-Rathgen Schweizer Tierschutz

Kein Verständnis für diese Tradition hat Julika Fitzi-Rathgen von der Organisation Schweizer Tierschutz. «Das ist eine grosse Belastung für die Tiere. Auf den Lärm und die Situation in der Arena kann man die Tiere nicht vorbereiten», sagt die Leiterin der tierärztlichen Beratungsstelle beim Schweizer Tierschutz.

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Die Lebendpreise als Tradition im Schwingsport
Aus Sport-Clip vom 22.08.2022.
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Lebendpreise seien schlicht nicht mehr zeitgemäss. «Da sind auch trächtige Tiere darunter. Wenn wir hier das Tierwohl und die Tradition einander gegenüberstellen, ist das ein No-Go.» Das gehe schon in den Bereich von Tierquälerei, so Fitzi-Rathgen. «Grundsätzlich denke ich, dass lebende Tiere keine Geschenke sein sollten.»

Tiere als Preis: Jahrhunderte alter Brauchtum

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Lebendpreise haben im Schwingen eine lange Tradition. Sie lässt sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen. Schon damals habe es für die besten Schwinger Naturalpreise gegeben, heisst es vom Eidgenössischen Schwingerverband.

Mit der Zeit seien die Preise aber immer grösser, schwerer und wertvoller geworden. 1926 habe der Sieger des Eidgenössischen noch ein Schaf gewonnen. 1961 sei für Schwingerkönig Karl Meli ein Rind bereitgestanden. «Siegermuni Kolin», den es am letzten Eidgenössischen in Zug zu gewinnen gab, wog 1.2 Tonnen und war 25'000 Franken wert.

Diese Kritik will Urs Schneider nicht auf sich sitzen lassen. Er ist am ESAF für die Lebendpreise verantwortlich. «Wer die Tiere hier am ESAF beobachtet, merkt gleich, die sind nicht gestresst. Sie fressen, liegen, kauen ihr Futter. Ein gestresstes Tier würde sich anders verhalten», sagt Schneider.

Wer die Tiere hier am ESAF beobachtet, merkt gleich, die sind nicht gestresst.
Autor: Urs Schneider Verantwortlicher Lebendpreise am ESAF

Er sei sich seiner Verantwortung den Tieren gegenüber bewusst und tue alles für ihr Wohl. Sie würden rund um die Uhr von fünf Personen betreut. Ausserdem betont Schneider, dass die Lebendpreise ein wichtiger Bestandteil des ESAF seien: «Wir sind überzeugt, das ist kein alter Zopf, sondern eine gelebte und schöne Tradition, die mehrere hundert Jahre alt ist.»

Lieber das Geld als den Stier

In der Schweiz sind Lebendpreise heutzutage weitgehend symbolischer Natur. Nicht einmal zehn Prozent von ihnen werden am Ende wirklich abgegeben. Da die Schwinger kaum mehr als Landwirte arbeiten, nehmen sie lieber den Gegenwert als Geld. 

Schwingerkönig Christian Stucki mit dem Siegermuni «Kolin»
Legende: ESAF 2019: Stolz präsentiert Schwingerkönig Christian Stucki seinen Preis. Mit nach Hause nimmt er den Muni aber nicht. Keystone/Alexandra Wey

So hat zum Beispiel auch Christian Stucki, Schwingerkönig am ESAF 2019 in Zug, den Siegermuni «Kolin», nicht nach Hause genommen. Trotzdem ist die Tradition unter den Schwingern beliebt.

Trotzdem ist das eine sehr schöne und wichtige Tradition, die wir weiter pflegen sollten.
Autor: Kilian von Weissenfluh Schwinger

«Meistens tauchen die Sieger den Lebendpreis gegen Geld ein. Trotzdem ist das eine sehr schöne und wichtige Tradition, die wir weiter pflegen sollten», sagt etwa Schwinger Kilian von Weissenfluh. Ähnlich sieht es Schwinger-Kollege Severin Schwander: «Es ist für jeden schön, einen Lebendpreis zu bekommen. Auch wenn es nur Prestige ist und sich die meisten am Ende damit einen Batzen auszahlen lassen.»

Und wie geht es eigentlich «Magnus»?

Neben den Diskussionen um die Lebendpreise gibt auch der Gesundheitszustand von Siegermuni «Magnus» zu reden. Er hat sich verletzt und es ist unklar, ob er für die Preisverleihung wieder fit ist.

Es gehe «Magnus» wieder besser, sagt Urs Schneider, Verantwortlicher für die Tiere am ESAF. Er sei nicht mehr in der Klinik und wieder zurück auf dem Hof. Trotzdem sei noch offen, ob er für die Preisübergabe genug fit ist, so Schneider. «Wir hoffen alle, dass es reicht.»

Schweiz aktuell, 25.08.2022, 19 Uhr;

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