Was hat die EU entschieden? Der Hälfte der EU-Staaten liefert Russland kein Gas mehr, oder viel weniger als ursprünglich vereinbart. Das heisst, diese Länder müssen mit weniger Gas auskommen. Brüssel fordert die Mitgliedstaaten deshalb auf, sich gegenseitig auszuhelfen. Laut dem Notfallplan, den die EU am Mittwoch vorgelegt hat, sollen die Länder in den nächsten Monaten zudem 15 Prozent weniger Gas verbrauchen.
Was bedeutet das für die Schweiz? Auch in Bern bereitet man sich auf mögliche Ausfälle bei der Gasversorgung vor. Man setzt auf die Solidarität unter den Staaten innerhalb Europas. Denn die Schweiz bezieht ihr Gas vor allem aus Deutschland. Wenn die EU nun also Sparvorgaben macht, und die Schweiz darauf angewiesen ist, Gas aus der EU zu erhalten, wirkt sich das auch auf die Schweiz aus.
Zu sagen, wie genau, dafür sei es zu früh, sagt SRF-Bundeshausredaktorin Ruth Wittwer. «Man weiss ja noch nicht, ob, wie viel und wie lange noch Gas von Russland nach Europa laufen wird.»
Es komme auch darauf an, ob die EU-Staaten tatsächlich freiwillig 15 Prozent einsparen werden. «Und auch wenn ein Solidaritätsabkommen mit Deutschland zustande käme, hätte man noch keine Gewissheit oder eine Garantie, dass man beliefert würde.» Das sagte Bundesrätin Simonetta Sommaruga gegenüber SRF News .
Muss auch die Schweiz Gas sparen? «Allerdings», sagt Wittwer. Aber in der Schweiz gehe es vor allem auch darum, Strom zu sparen. Dazu werde jetzt ein Plan mit mehreren Eskalationsstufen ausgearbeitet. «Mit jeder Stufe werden die Massnahmen strenger. Zuerst sollten alle anfangen, Strom zu sparen.» Davon erhoffe man sich etwa 5 Prozent weniger Verbrauch. «Dann sind Einschränkungen vorgesehen für alles, was nicht unbedingt nötig ist, etwa Schaufensterbeleuchtungen oder Saunas.»
In einem letzten Schritt käme es zu Netzabschaltungen.
Als Nächstes wären dann Rationierungen an der Reihe, wie die Bundeshausredaktorin erklärt. «Für etwa 30'000 Unternehmen würde es Kontingente geben. Und in einem letzten Schritt käme es zu Netzabschaltungen.» In gewissen Gebieten flösse dann vier bis acht Stunden lang keinen Strom. Für Gas gebe es einen ähnlichen Plan.
Ist die Angst vor einer Stromlücke grösser? In gewissen Ländern in Europa könnte es im Winter kalt werden, wenn Russland den Gashahn abstellt. Das gilt für die Schweiz weniger. 2020 stammten 15 Prozent der verbrauchten Energie aus Erdgas, Deutschland zum Beispiel ist stärker von Gas abhängig. Den Bund und die Energiebranche scheint denn auch die drohende Stromlücke derzeit mehr zu umtreiben als die Gaslücke.
«Hier in Bern gibt man sich noch relativ gefasst», sagt Ruth Wittwer. «Man will keine Panik schüren.» Die Energieversorgung in der Schweiz sei im Moment gesichert. Die Speicherseen für die Stromproduktion seien normal gefüllt. Praktisch alle Atomkraftwerke liefen auf voller Kapazität. Auch die Gasflüsse in die Schweiz seien normal. «Man ist auch vorsichtig optimistisch, dass, nach Abschluss der Wartungsarbeiten, bald wieder Gas durch die Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland fliesst.»
Aber dennoch bereiten sich die Unternehmen, die Wirtschaft und der Bund seit Monaten auf einen möglichen Notfall vor: Der Bund zum Beispiel hat verschiedene Vorsorgemassnahmen ergriffen, etwa die Einrichtung eines Rettungsschirms für Stromunternehmen: Wenn sie aufgrund der hohen Preise zu wenig liquide Mittel haben, um Strom einzukaufen, dann will der Bund mit einem Darlehen aushelfen.