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Extremes Jahr Pilzinfektionen machen Bio-Winzern das Leben schwer

Da ihre Pflanzenschutzmittel leichter vom Regen abgewaschen werden, ist dieser Sommer für Bio-Winzer besonders hart.

Was Ulrich Bänninger gehofft hat, ist endlich eingetreten: eine Verschnaufpause vom vielen Regen. Der Winzer stellt ausgerechnet in diesem nassen Jahr sein Weingut in der Aescher Klus im Baselbiet auf Bio um. «Es ist eine grosse Herausforderung.» Denn wenn es so viel regnet und gleichzeitig relativ warm ist, dann herrschen paradiesische Verhältnisse für Pilzinfektionen, vor allem für den falschen Mehltau – der Schreck aller Winzerinnen und Winzer.

verfärbtes Blatt einer Rebe
Legende: So sieht das Blatt einer Rebe aus, wenn sie vom falschen Mehltau befallen wurde. Agroscop, C. Parodi

Viele Spritztouren wegen häufigen Niederschlägen

Bänninger zeigt auf einzelne Blätter mit hellen Flecken. Ein typisches Zeichen, dass hier der falsche Mehltau zugeschlagen hat. Und dies, obwohl der Winzer in diesem verregneten Sommer jedes trockene Zeitfenster genutzt habe, um seine Reben mit einem kupferhaltigen Pflanzenschutzmittel zu spritzen.

Ich habe schon mal gedacht, jetzt höre ich wieder auf mit Bio. Aber wir Winzer sind beharrliche Leute.
Autor: Ulrich Bänninger Winzer

Die Kupfermischung bleibt an der Oberfläche der Reben haften und schützt so die Pflanze vor dem Pilz. «Das Problem ist, dass der starke Regen den Kupfer schnell wieder von den Reben abspült.» Entsprechend häufig muss Bänninger in diesem Jahr spritzen.

Mann steht im Rebberg mit Hund
Legende: Ulrich Bänninger baut zuhinterst in der Aescher Klus Blauburgunder, Garanoir und Rheinriesling an. ZVG

Doch, weil der viele Regen die Böden im steilen Rebberg aufweicht, macht er die Tour mit der Spritzmaschine zu einem gefährlichen Unterfangen. Er habe die Umstellung auf Bio deshalb auch schon verwünscht. «Aber dann kommt wieder mal die Sonne hervor und dann sieht alles wieder anders aus», sagt Bänninger und fügt hinzu: «Immerhin lerne ich auch sehr viel in diesem Jahr.»

Es ist ein absolut extremes Jahr.
Autor: Lucius Tamm Forschungsinstitut für biologischen Landbau

So wie Bänninger ergehe es zurzeit vielen Winzern, sagt Lucius Tamm vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau. «Ein Jahr mit so viel und intensivem Regen im Sommer, das kommt nur etwa alle zehn bis 15 Jahre vor.» Das sei für alle schwierig, auch für die konventionellen Winzer. Im Unterschied zu den Bio-Winzern hätten diese aber eine grössere Palette an Mitteln gegen Pilzinfektionen zur Verfügung, die zudem in die Pflanzen eindringen und deshalb auch nicht so leicht weggespült werden.

Lösung: Widerstandsfähige Sorten

Umso wichtiger sei es gerade für Bio-Winzer, dass sie eine Epidemie mit dem falschen Mehltau von Anfang an unter Kontrolle halten, so Tamm. Denn der Pilz breite sich exponentiell im Rebberg aus. Um das zu verhindern, brauche es sehr viel Erfahrung und gute Ausrüstung.

Ich bin dank den robusten Sorten viel entspannter.
Autor: Nora Breitschmid Winzerin

Ein weiterer Ansatz sind pilzwiderstandsfähige Rebsorten. Zwar müssten auch die hin und wieder mit Bio-tauglichen Mitteln gespritzt werden. Allerdings nicht mit Kupfer und im Gegensatz zu normalen Sorten auch im Schnitt etwa viermal weniger häufig, sagt Tamm. «Das ist nicht zuletzt aus ökologischen Gründen ein grosser Vorteil.» Das Problem: Die widerstandsfähigen Weinsorten seien bei der Kundschaft weniger bekannt und deshalb auch weniger beliebt – trotz guter Qualität.

Frau kniet zwischen Reben.
Legende: Nora Breitschmid hat dank robusten Rebsorten wie hier die Solaris-Traube auch in diesem nassen Jahr gut lachen. ZVG

Dieses Argument höre sie oft, sagt die Bio-Winzerin Nora Breitschmid, die im luzernischen Meggen ein Weingut führt. In ihrem Rebberg wachsen ausschliesslich robuste Rebsorten. «Hier am Vierwaldstättersee sind wir keine Region mit einer alteingesessenen Weintradition. Entsprechend offen sind die Konsumentinnen auch gegenüber neuen Sorten», erklärt Breitschmid.

Der falsche Mehltau sei nur vereinzelt an wenigen Stellen im Rebberg aufgetreten und habe sich jedoch nicht ausgebreitet. «Bis jetzt sind die Reben gesund.» Und dies, obwohl Breitschmid in diesem Jahr bisher gerade Mal zwei Spritztouren unternommen habe. «Dank den robusten Sorten bin ich viel entspannter als viele andere», ist die Winzerin überzeugt.

Regionaljournal Basel, 13.07.2021, 17:30 Uhr

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