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Fair Fashion «Brauchen Sie wirklich alle paar Monate eine neue Jeans?»

Das Wichtigste in Kürze

  • Wer fair produzierte Kleider kaufen möchte, stösst schnell an Grenzen, denn grosse Kleidermarken und Textil-Unternehmen machen kaum transparent, unter welchen Bedingungen ihre Kleider produziert werden.
  • Zwar gibt es zahlreiche Label, auf die Konsumentinnen und Konsumenten achten können. Allerdings: «Das Ei des Kolumbus gibt es hier nicht», sagt David Hachfeld von der Organisation Clean Clothes Campaign (CCC) im Interview. Auch «gute» Labels haben demnach Schwächen.
  • Fairness beginnt nach Auffassung von CCC mit Verzicht: Die Modeindustrie trichtere uns ein, wir bräuchten alle paar Monate neue Jeans. «Widersetzen Sie sich diesem Druck.»

In der Textilindustrie herrscht nach wie vor Intransparenz: Die Lieferketten sind undurchsichtig, die grossen Modeketten und Kleiderläden legen kaum offen, unter welchen Bedingungen ihre Kleider produziert werden. Und das offenbar aus gutem Grund, wie auch der jüngste Skandal wieder gezeigt hat: Anfang 2018 wurde etwa H&M oder C&A vorgeworfen, in ihren Produkten stecke Gefängnisarbeit.

Tatsache ist: Die meisten unserer Kleider werden in asiatischen Billiglohnländern produziert. Grösste Produzenten sind China und Bangladesch. Die Angestellten in den dortigen Fabriken erhalten kaum existenzsichernde Löhne.

Orientierungshilfen im Netz

«Wo kann ich denn fair produzierte Kleider kaufen?», wollen mehrere Hörerinnen und Hörer vom SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» wissen. Die Antwort ist nicht einfach: Man könnte beispielsweise auf das Portal Getchanged.net hinweisen. Dort finden sich Marken, die nach Nachhaltigkeitsstandards produzieren. Von den aufgelisteten Firmen wird zwar keine 100-prozentige Nachhaltigkeit verlangt, eine Orientierungshilfe kann das Portal aber durchaus sein.

Zudem gibt es unterdessen zahlreiche Label (siehe Zusammenfassung von Public Eye ), die faire Mode versprechen. Sie alle haben jedoch Schwächen. «Das Ei des Kolumbus gibt es hier nicht», sagt David Hachfeld von der Clean Clothes Campaign (CCC), die bei der Organisation Public Eye angesiedelt ist. «Diese Labels sind eine Art Trostpflaster. Sie geben zumindest Hinweise, wo beispielsweise im sozialen oder im ökologischen Bereich bessere Standards gelten.» Grundsätzlich rät CCC auf unabhängige Label zu achten. Firmeneigene Label seien in der Regel weniger glaubwürdig.

Auch «gute» Label mit Schwächen

Den bislang umfassendsten Ansatz zur Verbesserung der sozialen Bedingungen der Näherinnen und Näher hat laut CCC das Label der Fair Wear Foundation (FWF) . Dieses verlange etwa die Bezahlung eines Existenzlohns. Allerdings werde das noch nicht konsequent umgesetzt.

Bekanntes FWF-Mitglied ist etwa der Schweizer Outdoor-Bekleidungs-Hersteller Mammut. Aber selbst dieser gibt auf seinem Internetportal zu: Der Weg zu 100 Prozent fair produzierter Bekleidung sei noch weit. Man arbeite daran, «die Arbeitsbedingungen in unseren Lieferketten Schritt für Schritt weiter zu verbessern».

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Fairness beginnt mit Verzicht

Die Beispiele zeigen, wie schwierig der Kauf von wirklich fair produzierter Kleidung ist. David Hachfeld von der Clean Clothes Campaign rät daher vor allem auch dazu, sich dem Druck der Modeindustrie zu widersetzen: «Uns wird eingetrichtert, wir bräuchten alle paar Monate eine neue Jeans oder neue T-Shirts.» Fairness beginne damit, sich zu fragen, wann man wirklich eine neue Hose brauche und wann eben nicht.

Mit der Moralkeule gegen die Konsumentinnen und Konsumenten? «Ich glaube, wir müssen uns schon vergegenwärtigen, warum wir etwas einkaufen», sagt David Hachfeld. Aber die Verantwortung für faire Mode könne nicht bei den Konsumenten liegen: «Hier müssen die Unternehmen selbst dafür sorgen, dass sie nicht mehr so viel anbieten, das unter Ausbeutung produziert wird.» Und letzten Endes müssten auch die Regierungen in diesen Markt mit seinem Wildwuchs an unfairen Produkten eingreifen.

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