Der FC Basel gilt als Krösus im Schweizer Fussball. Die Coronakrise, die Anfang März zu einem Unterbruch der Super-League-Saison geführt hat, macht aber auch dem 20-fachen Meister zu schaffen. Zuletzt machten Gespräche zwischen Klubführung und den Profispielern über einen teilweisen Lohnverzicht Schlagzeilen. Letzte Woche einigten sich die Parteien – ohne Details publik zu machen.
SRF News: Bernhard Burgener, w ie stark hat Corona den FC Basel getroffen?
Ich nehme an, Sie meinen die liquiden Mittel. Da ist es sicher einmal gut bis und mit Juni.
Das heisst, nach Juni sind Sie pleite?
Nein, es geht nicht nur darum, was man hat. Wir haben noch grosse Guthaben. Wir haben in den letzten zwei Jahren sehr erfolgreich Spieler verkauft. Es ist normal, dass es dabei Ratenzahlungen gibt. Mit diesen sind wir ‹safe› bis im Oktober – wenn die Zahlungen kommen. Man muss sehen: Alle Einnahmen sind bei uns derzeit abgestellt. Wir leben nicht von den Medieneinnahmen – diese machen nur etwa 7 bis 10 Prozent aus. Für uns sind die grossen Posten die Zuschauereinnahmen, Sponsoren, Hospitality, die Stadion-Einnahmen, Fan-Shop und Transfererlöse. All dies ist nun betroffen.
Wie viel Geld verlieren Sie nun wegen Corona pro Monat?
Nehmen Sie die Zahlen von 2018 – jene für 2019 haben wir noch nicht veröffentlicht: Die rund 80 Millionen Franken Umsatz teilen Sie durch 12. Das heisst, wir müssen jeden Monat 6.7 Millionen Franken bezahlen. Und wenn kein Geld hereinkommt… Darum müssen wir wissen: Wann haben wir wieder Spiele mit Zuschauern? Geisterspiele bedeuten für uns nur noch mehr Kosten – für uns über 300'000 Franken pro Heimspiel – und gleichzeitig keine Einnahmen. Geisterspiele würden die ganze Situation noch verschärfen.
Ich bin ein positiv denkender Mensch und hoffe, dass wir spätestens im Herbst wieder Spiele mit Zuschauern haben.
Hatten Sie schon die Idee, den Staat um Hilfe zu bitten?
Ich schliesse es zwar nicht aus, aber derzeit versuchen wir immer noch, einen Weg zu finden. Wir haben keine Bankschulden, keine Kredite, und wir haben unsere Spieler nicht bewertet. Diesbezüglich sind wir also gesund. Aber nehmen wir an, ein Virologe sagt, es darf keine Spiele mit Besuchern geben, bis es einen Impfstoff gibt – das würde wohl heissen bis nächsten Juni. Dann hat die Liga ein Problem. Dann müssen wir alle zusammensitzen. Aber ich bin ein positiv denkender Mensch und hoffe, dass wir spätestens im Herbst wieder Spiele mit Zuschauern haben.
Als Sie den FCB im Sommer 2017 übernommen haben, soll es 60 Millionen Reserven gegeben haben. Wohin ist das Geld geflossen?
Wenn wir Probleme unten in der FCB AG haben, gibt die FCB Holding Geld herunter. Und das machen wir selbstverständlich derzeit. Deswegen ist das Geld nicht weg. Aber ich gehe nun nicht auf Details ein.
Das ist kompletter Unsinn!
Einige Leute glauben, Sie entnähmen dem Verein Geld, würden sich bereichern.
Das ist Quatsch. Unsere Geschäftsberichte sind öffentlich. Da kann man schauen, ob der Burgener irgendetwas bezogen hat.
In der Vergangenheit hat der Verwaltungsrat jährlich knapp über 700'000 Franken erhalten. Das habe ich auf null gestellt. Alle Verwaltungsräte arbeiten ehrenamtlich, ich auch. Das Einzige, was wir gemacht haben: Die Firma Chameleo, die zur Highlight-Gruppe gehört (welche Burgener leitet, Anm.d.Red.), arbeitet auch für den FC Basel. Chameleo hat Sport1 aufgebaut, die erfolgreichste Plattform in Deutschland, und arbeitet auch für deutsche Bundesliga-Vereine. Wir haben mit Bayern München im IT-Bereich zusammengearbeitet, sodass wir mehrere Programme auf eine Plattform gekriegt haben. So sparen wir jetzt sogar rund 200'000 Franken jedes Jahr. Also, im Prinzip haben wir Geld eingebracht und nicht Geld abgezogen. Das ist Unsinn, kompletter Unsinn!
Als Sie angetreten sind, wollten Sie auch die Lohnkosten senken. Diese sind immer noch hoch.
Als ich den Club Mitte 2017 übernahm, hatte es 53 bezahlte Spieler in der ersten Mannschaft – viele ausgeliehen oder mit Verträgen, die zum Teil ausgelaufen sind. Jetzt sind wir auf 36. Und wir werden im Sommer endlich auf etwa 25 bis 28 kommen. Das sind eben Verträge, die wir einhalten müssen, befristete Verträge. Ich kann die doch nicht einfach vorher kündigen.
Wir hatten keinen Graben.
Ein anderes Thema ist der Lohnstreit. Sie machten per Medienmitteilung publik, dass die Spieler nicht in der von Ihnen gewünschten Höhe die Löhne kürzen wollen wegen Corona.
Ein Journalist hat unseren CEO Roland Heri angerufen und Dinge behauptet aus unseren vertraulichen Gesprächen mit den Spielern. Dem wollten wir mit der Medienmitteilung vorbeugen – das war vielleicht ein Fehler. Wir hatten aber keinen Graben. Ich nehme auch nicht an, dass es ein Spieler war, der an die Öffentlichkeit ging. In der Zwischenzeit haben wir uns geeinigt. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.
In der Medienmitteilung zu dieser Einigung haben Sie geschrieben, das Vertrauen sei wiederhergestellt. Ist das wirklich so?
Sie haben die Aussagen der Spieler gelesen. Jetzt sollen die Spieler und wir lügen? Was soll das? Wir haben zusammen eine Pressemitteilung gemacht. Es ist doch heute so: Wenn der FC Basel etwas macht, dann zweifelt man grundsätzlich alles an. Okay, das darf man, wir haben freie Meinungsäusserung.
Es wird spekuliert, ob Sie den FCB verkaufen wollen.
Ich habe in keiner Art und Weise vor, diese Mehrheit zu verkaufen. Ich habe Partner aufgenommen (David Degen hält 10 Prozent, 80 Prozent Burgener, Anm.d.Red.). Und ich habe gesagt, ich werde irgendwann eine langfristige Lösung für Basel finden. Aber die Mehrheit soll in Basler Händen bleiben.
Haben Sie trotzdem in letzter Zeit einmal daran gedacht, den Bettel hinzuschmeissen?
So ticke ich nicht, ich bin nicht der Kapitän, der in der grössten Not davonläuft. Zudem sind für mich die Mitarbeiter am wichtigsten – für diese mache ich alles. Zweitens: Wenn man etwas verkaufen will, wäre das nun wohl der dümmste Moment. Da würde ich mir selber ins Knie schiessen.
Das Gespräch führte Tobias Bossard.