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Heim statt Haft
Aus Tagesschau vom 21.10.2018.
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Fehlende gesetzliche Grundlage Keine Kinder mehr in Ausschaffungshaft

Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren dürfen nicht mehr mit ihren Eltern in Ausschaffungshaft untergebracht werden. Die gesetzliche Grundlage fehle, so der Bundesrat. Nun müssen einige Kantone ihre Praxis anpassen.

Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein einfaches Zimmer: Eine Spieldecke liegt auf dem Boden, daneben Spielzeug. An der Wand ein Kinderbettchen und gegenüber ein Bett für die Mutter. So waren Familienzellen im Regionalgefängnis Thun eingerichtet. Hier wurden Mütter mit ihren Kindern für die Nacht vor ihrer Ausschaffung untergebracht.

Im Sommer hatte die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) diese Praxis scharf kritisiert. Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren gehörten nicht in Administrativhaft.

Gesetzeslage geklärt

Als Ulrich Kräuchi, Direktor des Regionalgefängnisses Thun, im Sommer vom Bericht der GPK hörte, war ihm klar, dass er die Familienzelle nicht mehr anbieten würde. Zumindest solange nicht geklärt ist, ob diese Art der Unterbringung illegal ist.

Kinderbettchen und Spielteppich hat Kräuchi in der Einstellhalle des Gefängnisses eingelagert. Sie werden nicht mehr eingesetzt, denn der Bundesrat hält in seiner Antwort auf den Bericht der GPK-N fest, dass keine genügende gesetzliche Grundlage für die Inhaftierung von Kindern unter 15 Jahren zusammen mit ihren Eltern besteht.

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Ulrich Kräuchi, Direktor Regionalgefängnis Thun, zum Ende des Projekts
Aus News-Clip vom 18.07.2018.
abspielen. Laufzeit 38 Sekunden.

Kindswohl als Argument

Der Kanton Bern muss nun Alternativen suchen, wie Regierungsrat Philippe Müller (FDP) bestätigt: «Nach dieser Klärung der gesetzlichen Grundlagen wird der Kanton Bern nicht mehr Kinder, die jünger sind als 15 Jahre, zusammen mit ihren Eltern in Administrativhaft unterbringen». Möglich sei aber die Unterbringung der Familien in Heimen.

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat eine Umfrage bei den Kantonen zum Thema durchgeführt. Zwei Kantone haben angegeben, Kinder unter 15 Jahren für kurze Zeit zusammen mit ihren Eltern in Administrativhaft untergebracht zu haben. Auf Anfrage der «Tagesschau» bestätigen die Kantone Bern und Zürich, solche Fälle gehabt zu haben.

Beide Kantone haben ihre Praxis bereits geändert. Lukas Rieder, Mediensprecher des SEM, erklärt, dass man die Kinder mit ihren Eltern zusammen untergebracht habe, um das Kindswohl zu wahren: «Man wollte die Eltern und Kinder nicht voneinander trennen.»

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Lukas Rieder (SEM): «Der Grund war immer derselbe: das Kindswohl»
Aus News-Clip vom 21.10.2018.
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Es geht auch (fast) ohne Haft

Keine Kinder in Administrativhaft untergebracht hat beispielsweise der Kanton Basel-Landschaft. Aufgrund seines moderaten Vorgehens in heiklen Fällen gilt das Baselbiet als vorbildlich: Bei Familien wird lediglich der Vater in Administrativhaft untergebracht. Mutter und Kinder verbleiben am Wohnort und werden ausführlich über das weitere Vorgehen informiert. Am Tag der Ausschaffung werden sie von nicht uniformierten Beamten abgeholt. Im Team sind immer auch Frauen dabei.

Am Flughafen treffen Mütter und Kinder schliesslich wieder auf den Vater. Man habe mit dem zurückhaltenden Vorgehen sehr gute Erfahrungen gemacht, bestätigt Adrian Baumgartner, Mediensprecher der Sicherheitsdirektion Basel-Landschaft. Es sei für alle Beteiligten deutlich stressfreier. Zudem habe man seit der Einführung des neuen Vorgehens keine Veränderung bei der Zahl der Untergetauchten vor Ausschaffungen festgestellt.

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Adrian Baumgartner: «Es ist stressfreier»
Aus News-Clip vom 21.10.2018.
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15 Kommentare

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  • Kommentar von Jürg Brauchli  (Rondra)
    Wieso nicht die ganze Familie in der Nacht vor der Ausschaffung in einer bewachten Hotelsuite unterbringen? Dagegen könnte niemand etwas haben, da Familie zusammen, hundertpro menschenwürdig, die Hotels verringern Leerstände. Perfekt. Kosten? Aha, ja gut...
    1. Antwort von Hanspeter Müller  (HPMüller)
      Meinen Sie wirklich, eine Hotelsuite sei teurer als ein Zimmer im Gefängnis? da verrechnen Sie sich aber gewaltig.
  • Kommentar von Lesek Hottowy  (Lhot)
    Hoffentlich ist das Basler Beispiel die Alternative. Ein Trennen der Kinder von beiden Elternteilen ist unmenschlich und sicher nicht die Lösung. Dann schon besser mit den Eltern in Haft. Die Paragraphen spielen da gar keine Rolle.
    1. Antwort von Christa Wüstner  (Saleve2)
      Die Kinder werden nicht von beiden Elternteilen getrennt. Steht auch im Beitrag, sondern die Mutter bleibt bei ihnen. Ich finde auch, Kinder gehören nicht in so eine Umgebung, aber ein wenig gerecht muss man sein. Thun hat
      ordentliche und für eine Nacht Zimmer eingerichet, die absolut akzeptabel
      sind.
    2. Antwort von Daniel Bucher  (DE)
      Vor einingen Wochen hat man noch die USA kritisiert, weil sie die Kinder von den illegal eingereisten Eltern getrennt hatte. Nun macht es die Schweiz gleich. Ich finde auch eine Nacht im Gefängnis ist für die Kinder einfacher als die Unterbringung in einer fremden Institution.
    3. Antwort von Jürg Brauchli  (Rondra)
      @Hottowy:" Ein Trennen von den Eltern ist unmenschlich.
      Und wie ist das nun genau mit den Eltern, welche ihre Kinder alleine auf die Reise nach Europa schicken, in der Hoffnung, dann nachreisen zu dürfen?
  • Kommentar von Beat Gurzeler  (B.Gurzeler, alias Rollstuhlrocker)
    Es ist wieder einmal mehr sehr erstaunlich, das Jahrelang studierte in Jura nicht einmal
    die gesetzlichen Grundlagen kenne und solches im Jahr 2018 immer noch passiert,
    dann geht man in die Welt heraus und posaunt wie ein gutes Justizsystem wir haben und
    alles genau nach Menschenrechten abläuft , dies wurde ja vor Jahren schon unterzeichnet.
    Ich würde meine zuerst vor der eigenen Türe aufräumen und dann weitersehen.