Ob im Silicon Valley oder im Berner Oberland: Wer ein Start-up gründet, ist meistens ein Mann. In der Schweiz ist laut Studien nur jedes fünfte Gründungsmitglied eines Start-ups eine Frau. Bei Tech-Unternehmen sogar nur jedes Zehnte.
Frauen haben gerade im ländlichen Raum Mühe, ihre eigene Firma auf die Beine zu stellen und Geld dafür aufzutreiben.
«Grossstädte» wie Zürich sind dem Land weit voraus
«Mut zur Chefin»: Darum steigt in Thun ein Start-up-Workshop exklusiv für das weibliche Geschlecht. Denn Frauen zweifelten stärker an sich und seien weniger selbstsicher, so Workshop-Organisatorin Monika Keller vom Wirtschaftsraum Thun. Und sie müssten oft Kinderbetreuung, Haushalt und Beruf unter einen Hut bringen. Da wolle man Gegensteuer geben.
Frauen arbeiten hier oft in kleinen Pensen, wenn sie überhaupt auswärts arbeiten.
Aber zementiert der Frauenanlass nicht gerade ein Rollenbild, das längst überholt ist? In ländlichen Regionen sei dies nicht so, führt Monika Keller aus. «Frauen arbeiten hier oft in kleinen Pensen, wenn sie überhaupt auswärts arbeiten». Die Situation sei nicht zu vergleichen mit einer Grossstadt wie Zürich.
Rollenbilder als Knacknuss: Professorin Susan Müller vom für Institut für «Innovation und Unternehmertum» der Berner Fachhochschule sieht das ähnlich. Es sei nach wie vor eine Tatsache, dass sich Frauen während der Familienphase beruflich häufig zurücknähmen und dadurch weniger Zeit und Geld für Unternehmensgründungen haben.
Gründerinnen sollen mehr Präsenz erhalten
Die Aussenwahrnehmung sei ein weiterer Faktor: «Wenn wir über Unternehmensgründungen sprechen, werden oftmals Beispiele von Männern herangezogen.» Man sollte darauf achten, mehr Beispiele von Gründerinnen zu nennen. Insbesondere Vorbilder, die technologieorientierte Start-ups vorangetrieben hätten.
Ein Hauptproblem sei, dass sich Frauen einfach weniger zutrauten, wenn es um Wissen, Kompetenzen und Erfahrungen gehe, so Müller. «Da können wir mit Workshops zur Unternehmensgründung dagegenhalten». Eine Schwierigkeit sei weiter, dass sich Frauen weniger bei innovativen Tech-Start-Ups beteiligten.
Mehr Kapital für weibliche Start-ups
Zudem haben Frauen mehr Probleme, Investoren und Investorinnen für ihre Geschäftsideen zu finden. Nur gerade vier Prozent des gesamten Kapitals, das in den letzten Jahren in Schweizer Start-ups investiert wurde, ist in Unternehmen in Frauenhand geflossen.
Das soll sich ändern. Letzten Herbst wurde in Lugano ein neuer Investmentfonds lanciert für die Bereiche digitale Wirtschaft, Deeptech und Medizinaltechnik. Das Besondere daran: Investiert wird ausschliesslich in Start-ups, welche von Frauen geführt werden.
«Es ist eine Tatsache, dass es Frauen schwerer haben, Kapital zu beschaffen und dass sie härter arbeiten müssen, um ihre Fähigkeiten zu beweisen», sagte die Tessiner Risikokapitalgeberin Jacqueline Ruedin Rüsch zur «Handelszeitung».
Um Gegensteuer zu geben, gehen Frauen auch in den urbanen Regionen in die Offensive. Und zwar gemeinsam. In Zürich gibt es ebenfalls Start-up-Workshops nur für Frauen. Dort lernen die Frauen, mit Investorinnen und Investoren zu verhandeln und Selbstmarketing zu betreiben. «Da wollen auch wir in Zukunft hin», sagt die Berner Oberländerin Monika Keller.