Was ist passiert? Beim Walliser Migrationsamt läuft es nicht gut. Vor zwei Jahren stapelten sich bis zu 7000 Dossiers auf dem Pendenzenberg. Das Personal war am Anschlag, die Gemeinden verärgert. Die meisten Dossiers konnten abgearbeitet werden, dank einer dreiwöchigen Schliessung der Dienststelle. Daraufhin reagierte die Politik und setzte die Geschäftsprüfungskommission (GPK) ein. Ihr Bericht zum Migrationsamt liegt nun vor und die aufgezeigten Missstände geben zu reden.
Welcher Missstand fällt am meisten ins Auge? Um die Dossiers abzuarbeiten, wurde temporäres Personal rekrutiert. Darunter eine die Sicherheit der Schweiz gefährdende Person. Das habe man dank eines Hinweises des Bundesamts für Polizei, Fedpol, bemerkt. Diese Person hatte laut GPK Zugang zum System und zu streng vertraulichen Daten. Das Fedpol macht eine solche Einstufung etwa bei Terrorismus, Spionage oder organisierter Kriminalität.
Was prangert die GPK sonst noch an? Das temporäre Personal wurde beispielsweise nicht spezifisch ausgebildet. Die festangestellten Mitarbeitenden erhielten keine Weiterbildung, obwohl sich die rechtlichen Bestimmungen dauernd ändern. Beim Stellenantritt wurden neue Mitarbeitende nicht begleitet. All das habe zu zahlreichen Abgängen geführt. Und auch das Staatssekretariat für Migration äusserte sich gegenüber der GPK besorgt über den Ausbildungsstand der Mitarbeitenden des Migrationsamts. Ausserdem wird die Direktion angeprangert: Insbesondere die Distanz und der mangelnde Kontakt zu den Mitarbeitenden wurden im Bericht erwähnt.
Was sagt der Rechtsexperte dazu? Marc Spescha, Rechtsanwalt und Migrationsexperte, befasst sich schon länger mit dem Walliser Migrationsamt und hat das Amt schon früher öffentlich kritisiert. «Der GPK-Bericht hat gezeigt, dass schwerwiegende systematische Mängel vorliegen», so Spescha. Er habe mit vielen Migrationsämtern in der Schweiz zu tun, und er stelle überall Mängel fest, «aber so drastisch wie beim Walliser Migrationsamt, habe ich das noch nirgends erlebt».
Wie reagiert die Politik? «So geht es nicht weiter», sagt etwa Doris Schmidhalter-Näfen, Grossrätin der SP Oberwallis. Jetzt müsse eine Reaktion kommen, und hier sei der zuständige Staatsrat Frédéric Favre (FDP) in der Verantwortung. Christian Gasser, Fraktionschef der SVP Oberwallis, sagt, nach der jahrelangen Kritik nütze es nichts, einfach das Organigramm anzupassen und strukturell ein paar Korrekturen zu machen: «Das Kader und die Direktion müssen ausgewechselt werden.» Nicht ganz so weit geht Aron Pfammatter, Fraktionschef der Mitte Oberwallis: «Der Staatsrat muss seine Cheffunktion in diesem Dossier wahrnehmen und schauen, ob es weitere personelle Konsequenzen braucht.»
Was sagt der zuständige Staatsrat Frédéric Favre? «Viele Massnahmen wurden bereits eingeleitet und einige Punkte verbessert, aber es gibt immer noch viel zu tun.» Insbesondere das Personal besser auszubilden, ist für den Staatsrat prioritär. Zur Person, die eingestellt wurde und laut Fedpol die Sicherheit der Schweiz gefährdete, sagt Favre: Das sei ein Praktikant gewesen, der bereits ein Praktikum beim Kanton absolviert hatte, welches gut verlaufen sei. Als man die Meldung des Fedpols erhalten habe, habe er sofort aufgehört zu arbeiten. Er habe keinen Zugang zu Informationen gehabt oder die Möglichkeit, wichtige Systeme zu verändern.