Als Anja W. im Sommer 2019 aus den Ferien nach Hause kam, erschrak sie: Der Parkettboden im Wohnzimmer wölbte sich an mehreren Stellen. Sie rief umgehend den Schreinermeister an, der den Boden sieben Jahre zuvor verlegte.
Leim-Problem seit Jahren bekannt
Nach kurzem Augenschein und Rücksprache mit dem Hersteller des Parkettleims war klar: Es musste sich um ein bekanntes Problem handeln, welches Parkettleim aus den Jahren 2008 bis 2012 betrifft. Der Leim zersetzt sich über kurz oder lang wieder.
Der Mapei-Angestellte sagte uns, wir müssten den Fall halt gerichtlich weiterziehen, eine Chance hätten wir aber eh nicht.
Anja W. wandte sich an Mapei, die Herstellerfirma des Leims. Doch Mapei bot ihr lediglich den Ersatzleim für ein neues Parkett an. Viel zu wenig, findet sie: «Der Schaden ist gross, wir mussten nochmals 12’000 Franken investieren. Der Mapei-Angestellte sagte uns: Wenn uns das Angebot nicht genug sei, dann müssten wir es halt gerichtlich weiterziehen, eine Chance hätten wir aber eh nicht! Da ist man schon konsterniert.»
«Verjährungsfrist ist zu kurz»
Mapei beruft sich auf die fünfjährige Verjährungsfrist, die bei Baumängeln gilt. Hersteller und Handwerker haften während dieser Frist für Baumängel. Das sagt das Gesetz. Das ist in einigen Fällen viel zu kurz, sagen renommierte Baurecht-Experten.
«Kassensturz» berichtete mehrfach über die zu kurze Verjährungsfrist bei Baumängeln am Beispiel von undichten Dächern. Eine Abdichtfolie unter den Ziegeln wurde nach wenigen Jahren undicht und führte zu grossen Schäden. Doch die Garantiefrist war abgelaufen; die Herstellerfirma bot der Besitzerin nur den Ersatz der günstigen Dachfolie an.
Fünfjährige Verjährungsfrist bleibt weiterhin bestehen
Nun sind vier Jahre verstrichen. Das Parlament hat einzelne Punkte bei der Verjährung von Baumängeln abgeändert. Die unselige fünfjährige Verjährungsfrist blieb aber unangetastet.
Pascal Rey, Baurecht-Spezialist an der Universität Freiburg, sagt: Das ist stossend, besonders bei Teilen mit langer Lebensdauer: «Wenn ich in ein Parkett investiere, dann mache ich das in der Erwartung, dass dieses 20 Jahre oder länger hält.» Wenn die Konsumenten nur während der ersten fünf Jahre etwas unternehmen können, sei das zu kurz.
Sind Kunden wie Anja W. nach Ablauf von fünf Jahren also chancenlos? Nein, sagt der Baurecht-Experte, denn der Leim-Hersteller haftet auch direkt für Folge-Schäden: «Wir haben in der Schweiz ein Produktehaftpflichtgesetz. Unter diesem Gesetz kann der Konsument direkt gegen den Hersteller eines fehlerhaften Produktes vorgehen.» Dafür habe der Konsument drei Jahre Zeit ab Entdeckung des Mangels. Insgesamt verjährt die Haftung zehn Jahre nach der Herstellung des Leims.
Sind das nun gute Nachrichten für Anja W.? Nur bedingt, denn ihre Familie müsste wohl gegen den Bau-Giganten Mapei klagen und vermutlich über Jahre prozessieren.