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Fehlinvestition beim EDA Bund versenkt Millionen für Prestige-Botschaft

Sichtbeton und hohe Glasfronten: So sollte das neue, repräsentative Botschaftsgebäude in der chinesischen Hauptstadt Peking dereinst aussehen. Die Pläne liegen im Detail vor, es müsste nur noch gebaut werden. Die Kosten bis jetzt: vier Millionen Franken.

Doch die chinesischen Behörden erteilen die Baubewilligung nicht. Das Projekt hält den Grenzabstand nicht ein, verletzt Bauvorgaben.

Auf der Visualisierung ist das neue Botschaftsgebäude von Innen zu sehen. Eine Person geht durch einen Flur.
Legende: Das Siegerprojekt «Racines de nuages» wird in der geplanten Form nicht gebaut. BBL

Offenbar hat man beim Bund bewusst hoch gepokert: Man habe repräsentativ bauen wollen und darauf spekuliert, dass man eine Baubewilligung «durch die Hintertüre» erhalte, sagen gut informierte Quellen gegenüber SRF Investigativ. Man habe nicht bedacht, dass dies heute in China nicht mehr üblich sei.

Dazu heisst es beim zuständigen Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA: «Die ersten Gespräche, bei denen die Rahmenbedingungen des Projekts behandelt wurden, liegen über zehn Jahre zurück. In einem so dynamischen Land wie China ist es nachvollziehbar, dass sich gewisse Standards rasch verändern können.»

Die Visualisierung stellt den Aussenbereich des geplanten Gebäudes dar.
Legende: Das Siegerprojekt des Lausanner Architekturbüros Brauen Wälchli überzeugte 2018 die Wettbewerbsjury mit der Funktionalität der Räume und der Aussengestaltung. BBL

Das Bauvorhaben ist in dieser Form nicht umsetzbar. Nach jahrelanger Planung haben es die Verantwortlichen nun heimlich beerdigt, wie aus internen Dokumenten des Bundes hervorgeht, welche SRF Investigativ mittels Öffentlichkeitsgesetz einsehen konnte.

Offiziell bleibt die grundsätzliche Idee eines Neubaus aufgeschoben: «Der Bedarf und die Notwendigkeit, die bestehenden Gebäude der Schweizer Vertretung in Peking zu ersetzen, besteht weiterhin», so das EDA.

Veraltete Haustechnik und zu wenig Arbeitsplätze

Mit dem Projekt versenkt der Bund auch vier Millionen Franken an Steuergeldern. Diese wurden für einen Architekturwettbewerb und die Planung ausgegeben. Die Arbeitsstunden der Mitarbeitenden des Bundes kommen obendrauf. Beim EDA heisst es zum Vorwurf der Fehlinvestition: «Die gesamte Investition ist nicht verloren, da früher oder später ein Neubauprojekt umgesetzt werden muss.»

2016 hatte das EDA das Projekt gestartet. Im Antrag ist zu lesen, warum es dringend eine neue Lösung für die Botschaft in Peking brauche: «Die Haustechnik ist veraltet und hat das Ende ihres Lebenszyklus erreicht.» Auch die Erdbebensicherheit genüge nicht mehr den Vorgaben. Weiter benötige man mehr Arbeitsplätze: «Aufgrund des (...) immer noch steigenden Personalbedarfs in einem der für die Schweiz wichtigsten Partnerländern der Welt stösst das Platzangebot (...) an sein Limit.» Benötigt würden 132 Arbeitsplätze, ein Drittel mehr als anhin.

Auf dem Foto ist die Botschaft von Innen zu sehen, schwere Ledersessel stehen bei einem Fenster.
Legende: Das bestehende Botschaftsgebäude in Peking stammt aus dem Jahr 1973. Keystone / Alessandro Della Bella

2023 schritt die Eidgenössische Finanzkontrolle ein und warnte vor einer Kostenexplosion. Das Budget für den Neubau war von 25 auf 48 Millionen Franken angeschwollen.

Kleine Massnahmen statt Neubau

Von der Dringlichkeit will man beim Bund heute nichts mehr wissen. Im März 2025 trafen sich die Verantwortlichen zu einer Strategiesitzung. An dieser wurde klar, dass man nicht weiss, wie viele Arbeitsplätze es tatsächlich braucht.

Und nun reicht, so geht es aus dem Strategiepapier hervor, auch plötzlich eine Renovation aus: Mit Instandhaltung und punktuellen Massnahmen zur Reduktion des Erdbebenrisikos könne man eine Verlängerung der «Betriebstauglichkeit» des Botschaftsgebäudes erreichen. Dazu das EDA: «Mit diesen Massnahmen werden die dringendsten Mängel an den Gebäuden reduziert, sodass diese für weitere zehn bis 15 Jahre benutzt werden können.»

Das sagen die Bundesbehörden

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Zuständig für Sanierungen und Bauten von Schweizer Vertretungen im Ausland sind das Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA und das Bundesamt für Bauten und Logistik BBL. Beide Departemente betonen in den gemeinsamen Antworten an SRF Investigativ, dass der Bedarf nach einem Neubau in Peking grundsätzlich weiterhin bestehe.

Man müsse den Betrieb im bestehenden Gebäude «bis zur Umsetzung eines angepassten Neubauprojekts» aufrecht erhalten, was man durch Instandhaltungsmassnahmen gewährleiste. Damit erziele man eine Nutzung für weitere zehn bis 15 Jahre. «Diese Massnahme ist auch für die Bundesfinanzen vorteilhaft, da sie es ermöglicht, hohe Investitionen zu verschieben.»

Zudem: «Die ausländischen Behörden geben in der Regel keine formellen Garantien ab, bevor das Baugesuch offiziell eingereicht worden ist. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass Anpassungen vorgenommen werden müssen.»

Das EDA betreibt insgesamt 170 Vertretungen im Ausland. Zahlreiche von ihnen sind am Ende des Lebenszyklus angekommen und müssen renoviert werden. Der Bundesrat habe das EDA und BBL damit beauftragt, die Kosten bei den Immobilien nachhaltig zu senken. «Dieser Auftrag befindet sich derzeit in Umsetzung.»

Wie es mit der Botschaft in Peking langfristig weitergeht, ist offen. Klar ist: Die vier Millionen Franken für die Planung des Prestigebaus, der nie gebaut werden wird, sind weg.

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Heute Morgen, 11.7.2025, 6 Uhr; wilh

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