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«Filière Bilingue» Ist die zweisprachige Schule in Biel ein Vorzeigeprojekt?

Französisch hat es bei Schülern schwer. Viele Deutschschweizer Kantone wollen den Französischunterricht aus der Primarschule streichen. Anders in einem Schulhaus in der Stadt Biel: Bereits ab dem Kindergarten werden Kinder auf Französisch und Deutsch unterrichtet – eine Seltenheit in der Schweiz.

Es ist Vormittag im Schulhaus Rittermatte in Biel. Lehrer Nicolas Geiser unterrichtet «Natur Mensch Gesellschaft». Mit seiner fünften Klasse spricht er gerade über das Thema Kinderrechte.

Salomea Bachmann ist die zweite Lehrerin dieser Klasse. Sie erklärt, wie der zweisprachige Unterricht funktioniert: «Es gibt zwei Lehrpersonen pro Klasse. Eine unterrichtet alles auf Deutsch und die andere alles auf Französisch. Bei einer Mathematik-Lektion haben die Kinder beispielsweise die Hälfte mit mir und die andere Hälfte mit der französischen Lehrperson.»

Offener gegenüber Sprachen

Die sprachlichen Hintergründe der 20 Schulkinder sind sehr unterschiedlich. Haben die einen Kinder Französisch oder Deutsch als Muttersprachen, so sind andere Kinder mehrsprachig aufgewachsen.

Für den 11-jährigen Elias, der zu Hause Persisch spricht, war der Start in der zweisprachigen Schule nicht einfach: «Wenn meine Lehrerin im Unterricht etwas gesagt hat, habe ich nichts verstanden. Dann habe ich meine Hand hochgehalten und musste sie fragen.»

Egal ob daheim Französisch, Deutsch oder eine andere Sprache gesprochen wird – vom zweisprachigen Unterricht könnten alle profitieren, sagt Lehrerin Salomea Bachmann: «Die Kinder sind gegenüber Sprachen sehr offen geworden. Und sie haben Strategien entwickelt, die sie später auch für andere Sprachen anwenden können.»

Mädchen schreibt im Klassenzimmer, Junge steht im Hintergrund.
Legende: Zwei Sprachen in einem Unterricht? Die Bieler Schule «Filière Bilingue» sagt: Ja das geht. (Symbolbild) KEYSTONE/Samuel Golay

Die Stadt Biel ist die einzige offiziell zweisprachige Stadt der Schweiz. In der Schule herrscht jedoch in der Regel eine strikte Trennung: Die Bieler Kinder müssen sich entweder für Französisch oder Deutsch entscheiden – ausser sie besuchen eben die zweisprachige Schule «Filière Bilingue». 

2010 wurde die Schule als Schulversuch gestartet. Mittlerweile umfasst sie 22 Klassen, verteilt auf die Ober- und Unterstufe. Die Nachfrage ist gross: Die Schulleiterin könnte die Klassen dreimal füllen.

Kritik am Pionierprojekt

Ist die zweisprachige Schule in Biel also ein reines Vorzeigeprojekt? Nein, findet Alain Pichard. Der 70-Jährige hat lange an Aussenquartier-Schulen unterrichtet und politisiert für die GLP im Berner Kantonsparlament.

Er hat die zweisprachige Schule bereits bei der Lancierung kritisiert und sieht das Projekt noch heute kritisch. «Ich stelle immer wieder fest, wie man der Schule munter immer neue Aufträge gibt. Jetzt soll sie auch noch die Zweisprachigkeit fördern.»

An anderen Schulstandorten in Biel seien die Bedingungen anders: «Wir haben in den Aussenquartieren Klassen, die jetzt bereits 100 Prozent Fremdsprachige haben. Und da befinden wir uns in einem Dilemma, über das wir diskutieren müssen», so Pichard.

Auch die zweisprachige Schule leiste einen wichtigen Beitrag zur Integration von Kindern, die daheim weder Deutsch noch Französisch sprechen, entgegnet Schulleiterin Carole Strähl: «Wir sprechen bei uns nicht nur zwei Sprachen, sondern momentan 38 Sprachen. Wir gehören zum Durchschnitt, wie eine normale Schule.»

Rendez-vous, 19.6.2025, 12:30 Uhr;weds

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