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Finanzhaushaltsgesetz Nationalrat streitet über den Abbau der Coronaschulden

  • Der Nationalrat will die Hälfte der Coronaschulden mit vergangenen Überschüssen aus dem ordentlichen Haushalt verrechnen.
  • Der Abbau der anderen Hälfte soll bis 2031 mit dem Einsatz von strukturellen Gewinnen sowie Zusatzausschüttungen der Nationalbank erfolgen.

Das hat die grosse Kammer als Erstrat entschieden. In der Gesamtabstimmung wurde das Finanzhaushaltsgesetz mit 133 zu 51 Stimmen gutgeheissen.

Der Rat folgte damit der Mehrheit seiner Finanzkommission und damit einem anderen Konzept, als der Bundesrat vorgeschlagen hatte. Die Landesregierung will die coronabedingten Schulden nämlich bis 2035 vollständig mittels künftiger Finanzierungsüberschüsse abbauen. Sie rechnet dabei mit ordentlichen Überschüssen von rund einer Milliarde Franken pro Jahr. Die Überschüsse entstehen, weil die budgetierten Ausgaben in der Regel nicht vollständig ausgeschöpft werden.

Ohne Sparmassnahmen und Steuererhöhungen

Das aktuelle Finanzhaushaltgesetz schreibt vor, Fehlbeträge auf dem ausserordentlichen Konto – dem sogenannten Amortisationskonto – innert sechs Jahren auszugleichen. Das muss mit Mitteln aus dem ordentlichen Budget geschehen und würde bedeuten, dass jährlich rund vier Milliarden Franken eingespart werden müssten.

Das kommt für den Bundesrat und das Parlament aber nicht infrage. Stattdessen soll mit der temporären Änderung des Finanzhaushaltgesetzes dafür gesorgt werden, die Schulden ohne Sparmassnahmen oder Steuererhöhungen abzubauen. 

Gut gefülltes Krisenkonto

Konkret will der Nationalrat die Hälfte der Coronaschulden mit vergangenen Überschüssen aus dem ordentlichen Haushalt verrechnen. Auf dem Ausgleichskonto des Bundes haben sich über die vergangenen Jahre über 23 Milliarden Franken an strukturellen Überschüssen angesammelt.

Nach dem buchhalterischen Transfer von 11.5 Milliarden Franken vom Ausgleichskonto auf das Amortisationskonto verblieben auf ersterem immer noch 11.5 Milliarden Franken. Es gäbe so immer noch eine grosse Manövriermasse für schlechtere Zeiten.

Eine Minderheit um Lars Guggibserg (SVP/BE) monierte vergebens, dass es sich dabei nicht um einen eigentlichen Schuldenabbau, sondern um einen buchhalterischen Trick handle. «Eine solche Verrechnung ist nichts anderes als ein Winkelzug, ein Buebetrickli, ein buchhalterischer Zaubertrick, der einen Schuldenabbau vorgaukelt, in Tat und Wahrheit aber keiner ist.»

Verschiedene Optionen diskutiert

Der Abbau der anderen Hälfte der Schulden soll bis 2031 mit dem Einsatz von strukturellen Gewinnen sowie Zusatzausschüttungen der Nationalbank erfolgen. Der Nationalrat will die Schulden damit vier Jahre früher getilgt haben als der Bundesrat.

Die Landesregierung hatte dem vollständigen Abbau mit künftigen Überschüssen den Vorzug gegeben. Diese Variante bevorzugte im Rat die SVP. SP, Grüne und GLP plädieren dafür, das ganze Ersparte auf dem Ausgleichskonto dem Schuldenabbau zuzuführen. 

Wichtige Rolle der Nationalbank

Ebenfalls für den Schuldenabbau verwendet werden soll nach dem Willen des Bundesrats und des Nationalrats der Bundesanteil an den Zusatzausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Dieser beträgt derzeit 1.3 Milliarden Franken im Jahr.

Das Parlament hatte zur Bewältigung der Coronakrise umfangreiche Mittel gesprochen. Aktuell hat sich ein ausserordentliches Defizit von rund 25 Milliarden Franken angesammelt. Mit der Vorlage zum Schuldenabbau beschäftigt sich als Nächstes der Ständerat.

SRF 4 News, 08.06.2022, 19.00 Uhr ; 

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