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Flucht aus der Ukraine So gut hat sich der Schutzstatus S bewährt

Die Schweiz hat bislang Zehntausende Menschen aus der Ukraine aufgenommen. Eine Expertengruppe hat nun Bilanz gezogen.

Premiere: Es musste schnell gehen, als der Bundesrat im März 2022 den Schutzstatus S beschloss. Noch nie zuvor war das, ursprünglich während der Jugoslawienkriege entstandene, Werkzeug angewendet worden. Eine Gruppe bestehend aus aktiven und ehemaligen Politikerinnen und Politikern, mit Erfahrung im Migrationsdossier, hat das System nun evaluiert. Ausserdem gibt es neue Zahlen vom Staatssekretariat für Migration (SEM) zur Erwerbstätigkeitsquote von Ukrainerinnen und Ukrainern hierzulande.

Darum geht es beim Schutzstatus S

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Ukrainische Flüchtlinge in Gilly/VD.
Legende: Ukrainische Flüchtlinge in Gilly/VD. KEYSTONE/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Der Schutzstatus S gewährt den vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine Geflüchteten ohne Durchführung eines ordentlichen Asylverfahrens ein Aufenthaltsrecht. Sie können ihre Familienangehörigen nachkommen lassen und haben wie vorläufig Aufgenommene Anspruch auf Unterbringung, Unterstützung und medizinische Versorgung.

Kinder können zur Schule gehen. Erwachsene dürfen sofort eine Erwerbsarbeit aufnehmen – ob als Angestellte oder als Selbstständige. Wer einen Schutzstatus S hat, darf zudem ohne Bewilligung reisen.

Das Instrument des vorübergehenden Schutzes wurde in den 1990er-Jahren im Kontext der Jugoslawienkriege geschaffen, als die Schweiz mit einem Zustrom von schutzsuchenden Personen konfrontiert war. Seit der Totalrevision des Asylgesetzes von 1998 ist das Schutzsystem im Gesetz geregelt. Benutzt hat es der Bundesrat zuvor aber noch nie.

Stand der Dinge: 80’600 Personen haben bislang den Status S erhalten. 12'000 haben die Schweiz wieder verlassen. Rund die Hälfte der noch anwesenden Personen befindet sich im erwerbsfähigen Alter (18-64). 17 Prozent gehen einer Arbeit nach – am häufigsten im Gastgewerbe, dem Informatik- und Beratungsbereich oder im Unterrichtswesen. 4700 Franken verdienen sie im Schnitt. Lohndumping stellen die Autorinnen und Autoren des Berichts nicht fest. Der Blick auf die Kantone zeigt aber: Es bestehen grosse Diskrepanzen bei der Erwerbstätigkeitsquote.

Schwierige Integration: Die Gründe für die Unterschiede in den Kantonen sind nicht ganz klar. Urs Hofmann, Alt-National- und Regierungsrat (SP/AG) und Leiter der Gruppe, vermutet, dass die Sprache in der Deutschschweiz ein kleineres Hindernis darstellt als in der Westschweiz. Kleinere Kantone dürften es zudem einfacher haben als grosse. Dennoch betont er das positive Beispiel Appenzell-Innerrhoden: «Die Fallführung erfolgt dort sehr eng, die Betroffenen werden gezielt und individuell unterstützt.» Insgesamt zeigt sich die Evaluationsgruppe zufrieden mit der Entwicklung über die vergangenen 16 Monate. Nach einem «chaotischen» Beginn, habe die erstmalige Umsetzung des Schutzstatus S gut funktioniert. Missbrauchsfälle gäbe es zudem so gut wie keine.

Zank ums Geld: Trotz der positiven Gesamteinschätzung gibt es auch kritische Punkte. Der Schutzstatus S war nie als eine langfristige Lösung konzipiert. Das hat Auswirkungen auf das ganze System. So überweist der Bundesrat etwa nur eine jährliche Integrationspauschale von 3000 Franken pro Person (250 Franken pro Monat) an die Kantone. Zum Vergleich: Bei der vergleichbaren Gruppe der vorläufig Aufgenommenen gibt es eine einmalige Fallpauschale von 18'000 Franken. Die Gelder werden zudem nur in Raten an die Kantone ausbezahlt. Diese kritisieren das System. Aus ihrer Sicht sollten gerade zu Beginn des Aufenthalts in der Schweiz Mittel zum Spracherwerb und weiterer Fördermassnahmen zur Verfügung stehen.

Frau schneidet Karotten in Restaurantküche
Legende: Eine ukrainische Angestellte in einem Gastrobetrieb in Münsingen BE (01.06.22) KEYSTONE/Anthony Anex

Positive Bilanz: In der Vergangenheit wurde der Schutzstatus S immer wieder kritisiert. Und auch heute sehen einige eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Flüchtlingsgruppen. Die Evaluationsgruppe stützt aber die Haltung von Bundesrätin Karin Keller-Sutter, die die Lösung in der Vergangenheit damit rechtfertigte, dass sich die Schweiz einem gesamteuropäischen System angeschlossen habe. Nicht zuletzt hätte die Anwendung des Schutzstatus S zudem dafür gesorgt, dass das reguläre Asylsystem nicht überlastet werde, schreiben sie. Die Migrationsexpertinnen und -experten sprechen aber auch eine Warnung aus: Gleich in mehreren Punkten weisen die EU und die Schweiz noch unterschiedliche Regelungen und Laufzeiten auf. Ab 2025, wenn die geltende Richtlinie in der EU ausläuft, könnte das zum Problem werden.

Korrigenda

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  • In einer früheren Version des Artikels war von einem Unterstützungsbeitrag von 18'000 Franken pro Kopf pro Jahr im Fall von vorläufig aufgenommenen Personen die Rede. Bei diesem Betrag handelt es sich allerdings um eine einmalige Pauschale.
  • In einer früheren Version der in diesem Artikel integrierten Übersichtskarte wurden die Angaben zu erwerbsfähigen und erwerbstätigen Personen in den Kantonen in der falschen Reihenfolge dargestellt.

SRF 4 News, 29.06.23, 12.00 Uhr ; 

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