In Wolfisberg BE gehen die Wogen wegen einer geplanten Asylunterkunft hoch. Dementsprechend herrschte eine aufgewühlte, gehässige Stimmung an einer Infoveranstaltung des Kantons.
Zuvorderst beim Schulgebäude reihten sich am Dienstagabend jedoch nicht Einheimische, sondern Auswärtige ein: Über ein Dutzend Freiheitstrychler – angereist gemäss Autokennzeichen unter anderem aus den Kantonen Schwyz, Zürich und Aargau – standen Spalier für die Teilnehmenden. Wer dort hereinwollte, musste die Tychler passieren.
Zankapfel sind die Pläne der Behörden. Der Kanton baut das frühere Hotel-Restaurant Alpenblick am Jurahang in der 180-Seelen-Gemeinde bis Ende August in eine Asylunterkunft für maximal 120 Personen um.
Freiheitstrychler nutzen Frust der Bevölkerung
Die Bevölkerung ist verunsichert: «Jetzt kommt ihr hier hin und wollt uns solche Sachen erzählen. Für wie dumm hält ihr uns», sagte ein Mann zu einem Vertreter des Kantons. «Ich weiss nicht, wie ihr euch das vorstellt, wie wir uns fühlen», so eine Frau. Immer wieder erwähnten Anwesende die Furcht vor jungen, ausländischen Männern. «Hier in Wolfisberg lassen wir unsere Türe und Autos offen. Was passiert nun?», so der Tenor.
Es scheint, als wollten die Freiheitstrychler den Frust und die Ängste der Dorfbevölkerung für ihre Zwecke nutzen. Die Gemeinde sei am Vortag per Mail informiert worden, dass eine Gruppe anreisen werde, sagt die Gemeindepräsidentin von Wolfisberg: «Ich distanziere mich von den Leuten. Die Freiheitstrychler suchen einfach eine neue Plattform», so Sibylle Schönmann zu SRF.
In der Schweiz herrsche Versammlungsfreiheit, sagt die SVP-Politikerin weiter. «Die Gruppe hat den Infoanlass an sich nicht gestört, darum liessen wir sie gewähren», so Schönmann. Zudem habe sich niemand über den Auftritt der Trychler beklagt – im Gegenteil: «Viele Leute haben geklatscht».
Polizei stoppte Freiheitstrychler bei Asyldemo im Aargau
Nach ihrem Kampf gegen Covid-Massnahmen lärmen die Freiheitstrychler jetzt gegen Flüchtlinge. Es ist nicht das erste Mal: Bereits am 10. Juni marschierten Freiheitstrychler in Wildegg AG auf, wie ein Reporter von Radio SRF beobachtete.
Damals verhinderte die Kantonspolizei Aargau eine Demonstration gegen eine geplante Asylunterkunft im ehemaligen Hotel Aarehof in Wildegg. Ein Polizeikorps stoppte damals eine Gruppe Trychler. Im März marschierten Freiheitstrychler zudem durch Seegräben ZH. Sie protestierten dagegen, dass Leute ihre Wohnung für Geflüchtete verlassen müssen.
Der Standort ist sicher nicht ideal. Aber wir suchen verzweifelt nach Unterkünften.
Zurück in Wolfisberg: Warum will denn der Kanton Bern in einer 180-Seelen-Gemeinde über 100 Geflüchtete platzieren? Manuel Michel, Vorsteher des Amts für Integration des Kantons Bern: «Der Standort ist sicher nicht ideal. Aber wir suchen verzweifelt nach Unterkünften». Es seien kaum Objekte verfügbar.
Er habe grosses Verständnis für die Sorgen und Ängste der Bevölkerung. «Wir sind aber in der Lage, die Asylsuchenden gut zu betreuen», betont er.
Gemeinde gibt nicht auf
Trotz des Widerstands aus der Bevölkerung geht der Kanton nicht über die Bücher. «Am Anfang schlagen solche Unterkünfte immer hohe Wellen. Danach gibt es positive Kräfte, die sich einbringen», so Michel.
Gemeindepräsidentin Sibylle Schönmann kämpft weiter gegen die Unterkunft. Wolfisberg habe sich bereits vor wenigen Jahren solidarisch gezeigt und im Dorf Flüchtlinge aufgenommen. «Jetzt reicht es.»