An einem Märztag, um 23.30 Uhr abends, erhielt Bundesrat Alain Berset eine E-Mail eines deutschen Staatsbürgers. Berset solle Leopard-2-Panzer in die Ukraine schicken, und zwar innert wenigen Tagen. Sonst, so drohte der Mann, würden Bersets Frau und Kinder grausam gefoltert. Der Sachverhalt geht aus einem Strafbefehl der Bundesanwaltschaft hervor, den SRF Investigativ einsehen konnte.
Umstrittene Leopard-2-Panzer
Die Drohmail fiel in eine Zeit, als eine öffentliche Debatte über die Panzer lief. Deutschland wollte das Militärgerät von der Schweiz zurückkaufen, um die eigenen Bestände an die Ukraine liefern zu können.
Berset äusserte sich nur zwei Tage vor dem Drohschreiben in seiner Funktion als Bundespräsident skeptisch zur Forderung. Die Schweiz habe gesetzliche Regeln zu Waffenverkäufen und könne keine Ausnahmen machen.
Strafe auf Probezeit
Für den nun Verurteilten offenbar Grund genug, an diesem Märzabend in die Tasten zu greifen. Nun wurde der Mann wegen versuchter Gewalt und Drohung gegen Behörde und Beamte verurteilt. Die Strafe beläuft sich auf 900 Franken, wobei der Vollzug mit einer Probezeit belegt ist, und 500 Franken Verfahrenskosten.
Die umstrittenen Nicht-Waffenlieferungen wurden unterdessen politisch angepackt: Das Schweizer Parlament stimmte im Herbst zu, dass 25 stillgelegte Leopard-2-Panzer an Deutschland zurückverkauft werden dürfen.
Viele Drohungen in 2021
Einzelheiten zu solchen Drohungen gegen Regierungsmitglieder und andere Staatsangestellte werden nur selten öffentlich. Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) gibt allerdings Zahlen bekannt. Diese zeigen, dass während 2020 und 2021, als die Corona-Massnahmen in der Schweiz viel zu Reden gaben, deutlich mehr Drohungen gemeldet wurden.
2019 | 2020 | 2021 | 2022 | |
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Beim Fedpol eingegangene Meldungen zu Drohungen |
246 | 885 | 1215 | 528 |
davon tatsächliche Drohungen (strafrechtlich relevant) |
18 | 64 | 120 | 68 |
Vor allem Gesundheitsminister Alain Berset war während der Corona-Zeit oftmals Zielperson von Drohungen und Hass. Im Interview mit dem Tages-Anzeiger sagte Berset, diese Drohungen seien teilweise auch sehr persönlich und belastend. Insbesondere, wenn mit einem Ultimatum und Folter seiner Kinder gedroht würde.