Den wichtigsten Posten im Parlament hat, wer die «Mitte»-Fraktion präsidiert – das wird oft gesagt. Weil man dann das Zünglein an der Waage spielen kann, mal nach links, mal nach rechts. Vor zehn Tagen wurde dieser Job neu besetzt: mit Philipp Matthias Bregy. Er ist Nationalrat aus dem Wallis und politisiert ganz am rechten Rand der «Mitte»-Fraktion.
SRF News: Herr Bregy, Sie sind von allen «Mitte»-Fraktionsmitgliedern der Zweit-Rechteste, der Zweit-Konservativste. Heisst das also: Ab jetzt paktiert die «Mitte» mit der FDP und der SVP?
Philipp Matthias Bregy: Absolut nicht. Ich hatte immer meine klare politische Haltung in diesem Parlament. Aber als Fraktionschef habe ich ein grosses Ziel: Diese Fraktion zu einen und klare Positionen und manchmal auch Ecken und Kanten zu entwickeln. Es ist gut, Brückenbauer zu sein, aber von Zeit zu Zeit darf man auch Kante zeigen und gewinnt vielleicht in der Niederlage mehr als mit einem Sieg.
Als Fraktionschef habe ich ein grosses Ziel: Diese Fraktion zu einen und klare Positionen und manchmal auch Ecken und Kanten zu entwickeln.
Die «Mitte» soll Mehrheiten schaffen und konstruktiven Lösungen zum Durchbruch verhelfen, haben Sie in einem Interview gesagt. Was heisst das jetzt zum Beispiel für das Rahmenabkommen?
Wir haben 2019 in Locarno vier Forderungen gestellt, an dieser Position haben wir festgehalten, und der Bundesrat ist in der Zwischenzeit zur gleichen Überzeugung gelangt, dass man das Rahmenabkommen so, wie es vorliegt, nicht unterzeichnen kann. Trotzdem brauchen wir gute Beziehungen zur Europäischen Union. Aus Sicht der «Mitte» ist klar: Der Bundesrat soll analysieren, wie man die Verhandlungen neu in Gang bringt. Wir finden, jetzt ist bei den politischen Parteien etwas Zurückhaltung angesagt, man sollte nicht schon gefestigte Positionen einbringen. Es muss jetzt einen konstruktiven Dialog geben, damit wir das Verhältnis zur EU nicht zur Explosion bringen.
Das tönt jetzt aber nicht nach Ecken und Kanten. Das tönt nach abgeschliffener Mitte.
Das Rahmenabkommen ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht ein Thema, wo man Ecken und Kanten zeigen sollte. Denn wir steigen in neue Verhandlungen ein, das braucht Konsens von allen Seiten, von der EU, von der Schweiz, von allen politischen Parteien.
Beim Rahmenabkommen steigen wir in neue Verhandlungen ein, das braucht Konsens von allen Seiten, von der EU, von der Schweiz, von allen politischen Parteien.
Ich gebe Ihnen ein paar aktue lle politische Fragen vor. Sie können mit Ja oder Nein antworten.
Ehe für alle?
Ich persönlich werde Nein stimmen, die Fraktion Ja.
Soll es eine Impfpflicht für Corona-Impfungen geben?
Nein.
Soll der Bundesrat die besondere Lage so schnell wie möglich beenden?
Nein.
Sind Sie für das CO2-Gesetz?
Ja.
Befürworten Sie grössere Transparenz bei der Finanzierung von Parteien und Abstimmungskampagnen?
Ja.
Sind Sie dafür, dass das Rentenalter der Frauen auf 65 erhöht wird?
Ja.
Mit welchen Kompensationen?
Das ist der entscheidende Punkt. Die Sozialkommission des Nationalrats schlägt uns eine Variante mit sechs Übergangsjahrgängen vor, wir waren im Ständerat für neun Jahre. Unsere Fraktion bevorzugt eine längere Übergangsdauer, da sind wir noch in Detailabklärungen, die wir morgen in der Fraktion diskutieren werden. Uns ist wichtig, dass die Frauen, die betroffen sind, gute Kompensationen bekommen, und zwar während länger als sechs Jahren.
Das Interview führte Urs Leuthard.