Ende 2006 scheiterten die bereits weit fortgeschrittenen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA am Widerstand der Schweizer Bauern. Sie hatten Angst, billigere US-Produkte würden den Schweizer Markt zerstören. Nun hat US-Präsident Donald Trump Bundespräsident Ueli Maurer ein neues Abkommen angeboten. Markus Ritter, Präsident des Bauernverbandes, ist vorsichtig: Er möchte mitreden.
SRF News: Ist Trumps Angebot eine gute Nachricht für die Bauern?
Markus Ritter: Grundsätzlich ist es gut, dass der Bundesrat eingeladen wurde und Gespräche führen konnte. Der Bundesrat hat die Verantwortung, diese Verhandlungen aufzunehmen. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse.
Begeisterung tönt anders...
Wir sind zurückhaltend. Man weiss noch nicht genau, was die Verhandlungen bringen werden. Aber wir sind in einem offenen Dialog und haben mit dem Bundesrat und zuständigen Departement schon Gespräche führen können.
Bei den Gesprächen 2006 waren Sie nicht dabei. Was hat sich seither geändert?
Wir hatten unter Bundesrat Johann Schneider-Ammann mehrfach die Gelegenheit, frühzeitig bei solchen Verhandlungen mit dabei zu sein. Der letzte grössere Erfolg war das Abkommen mit China. Wir erwarten, dass die Interessen aller Wirtschaftszweige miteinbezogen werden, auch die der Landwirtschaft.
Was wäre für den Bauernverband diesmal eine rote Linie?
Wichtig ist, dass wir den Grenzschutz behalten. Das ist eine der wichtigsten agrarpolitischen Massnahmen. Das andere ist die Lebensmittelsicherheit und -qualität. Wir haben sehr hohe Standards und an ihnen wollen wir festhalten.
Der US-Markt ist für Schweizer Bauern nicht sehr interessant.
Die USA haben ein etwas anderes Verständnis von Lebensmittelproduktion. Es wird Sache der Verhandlungen sein, hier gemeinsame Lösungen zu finden.
Die Schweiz schützt die Produkte ihrer Bauern mit Einfuhrzöllen von 35 Prozent. Es ist kaum denkbar, dass die USA diese beibehalten wollen...
Diese Zölle widerspiegeln unser Kostenniveau. In der Schweiz kann keine Landwirtschaft betrieben werden, wenn nicht ein gewisser Grenzschutz besteht. Wir haben gegenüber Baden-Württemberg und Bayern 50 Prozent höhere Kosten für Maschinen, Gebäude und Personal. Wenn es keinen Grenzschutz gäbe, wäre eine rentable Landwirtschaft nicht möglich.
Was wäre die Schmerzgrenze?
Der springende Punkt sind nicht die Durchschnittszölle, sondern dass wir innerhalb der WTO-Zollkontingente – zum Beispiel beim roten Fleisch – vereinbaren, die Mengen nicht weiter zu erhöhen.
Es ist wichtig, dass die Unterhändler gut verhandeln und Gespräche mit uns führen. Es gibt immer Möglichkeiten, Lösungen zu finden. Das haben wir beim Abkommen mit Indonesien gesehen, als es beim Palmöl schwierig wurde.
Umgekehrt: Wie interessant ist der US-Markt für Schweizer Bauern?
Nicht sehr. Unser Problem ist, dass wir kaum Exporte tätigen, weil wir einen Selbstversorgungsgrad von nur 60 Prozent haben. Wir importieren 40 Prozent der Lebensmittel. Nur vom Käse können wir gewisse Mengen exportieren. Dort haben wir ein gewisses Interesse. In allen anderen Bereichen richten wir uns auf den Schweizer Markt aus.
Gibt es Bauern, die für Nischen in den USA produzieren könnten?
Das ist sicher möglich, aber der US-Markt ist riesengross. Wenn man hier über eine gewisse Zeit Lieferbereitschaft haben will, braucht es gewisse Mengen, und das ist nicht so einfach. Deshalb konzentrieren wir uns vor allem auf Käse. Und daneben – wenn es überhaupt Exportmöglichkeiten gibt – ist der europäische Markt sicher der nähere.
Das Gespräch führte Simon Leu.