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Freiwillige Charta Lohngleichheit: Viele Kantone kneifen

Bundesrat Alain Berset wollte mit einer Charta zur Lohngleichheit zwischen Mann und Frau Kantone und Gemeinden in dieser Frage verpflichten. Jetzt zeigt sich: Das Interesse ist lau. Nach einem Jahr sind gerade mal zwölf Kantone und 23 Gemeinden dabei.

Im Blitzlichtgewitter und in Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset haben am 6. September 2016 zehn Kantone und 15 Gemeinden die «Charta für Lohngleichheit im öffentlichen Sektor» unterzeichnet.

Damit bekräftigten sie die Absicht, sich in Verwaltungen und im öffentlichen Sektor entschlossen für Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern einzusetzen. Zum Beispiel, indem sie Lohngleichheit regelmässig überprüfen und einhalten – auch bei Unternehmen, die von der öffentlichen Hand Aufträge oder Subventionen erhalten.

Der Grund für Bersets Charta: Seit 1981 ist Lohngleichheit in der Bundesverfassung verankert, doch noch immer weist das Bundesamt für Statistik im öffentlichen Sektor eine unerklärbare Lohndifferenz von 6,9 Prozent auf.

Zug hält es für unnötig

Doch obwohl die Charta rechtlich nicht bindend ist, unterschreiben viele Kantone nicht. Seit der Lancierung haben nur zwei weitere Kantone und acht Gemeinden unterschrieben. Nach einem Jahr sind also gerade mal zwölf Kantone und 23 Gemeinden dabei. Vor allem in der Deutschschweiz ist die Ablehnung gross. In Zug und Basel-Landschaft sagen die Regierungen sogar explizit Nein zur Unterschrift, in Schaffhausen hat der Kantonsrat ein entsprechendes Postulat als nicht erheblich erklärt.

Der Finanzvorsteher des Kantons Zug, Heinz Tännler, sagte gegenüber der Rundschau: «Wir haben nicht unterschrieben, weil wir im Kanton Zug keine Probleme haben mit der Lohngleichheit.» In Zug würde das Personalamt sämtliche Löhne genau prüfen. Eine zusätzliche Überprüfung, wie der Bund sich das vorstellt, sei nicht nötig.

Im Kanton Basel-Landschaft, der sich ebenfalls gegen die Charta entschieden hat, erklärt Regierungsratssprecher Nic Kaufmann: «Baselland hat eine schmale Verwaltung mit wenig Personal, wir sind am Limit und schauen, dass unnötiges nicht auch noch gemacht werden muss». Die Lohngleichheit sei unbestritten wichtig, doch eine fünf Jahre alte Untersuchung zeige, dass keine systematische Diskriminierung stattfinde. Das reiche vorerst.

Beide Kantone sagten, die Charta würde zu viele Ressourcen binden, das wolle man sich derzeit nicht leisten.

Vpod viele Lohnklagen

Die Aussagen der Kantonsvertreter ärgern Katharina Prelicz-Huber, Präsidentin des Vpod, der Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst. Vor allem die Aussage, die Lohngleichheit sei bereits erfüllt, stösst auf: «Das macht mich wütend. Die Realität ist eine andere, wir werden täglich konfrontiert mit Lohnklagen.» Diese kämen aus der ganzen Schweiz.

Kein Kanton könne von sich behaupten, man habe die Lohngleichheit im Griff, ohne dass er es beweise. Prelicz-Huber ist überzeugt: «Ohne Überprüfung können die Kantone nicht wissen, dass keine Diskriminierung von Frauen vorliegt.»

Bund weibelt für weitere Unterschriften

Beim eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Mann und Frau bedauert man die Haltung der Nein-Sager Kantone. «Ein Kanton muss sich das leisten können», sagt Direktorin Silvye Durrer. Und: Eine Überprüfung nehme höchstens einige Tage einer Mitarbeitenden im HR in Anspruch. Das sei nicht zu viel.

Im Hinblick auf eine nächste Abstimmung zur AHV und dem Frauenrentenalter müsse der öffentliche Sektor mit gutem Beispiel vorangehen, meint Durrer. «Wenn man eine AHV-Reform will, muss man bei der Lohngleichheit Zeichen setzen.»

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