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Freiwillige Helferinnen fehlen «Leute wollen zuerst lieber Party machen statt arbeiten»

Es steigen so viele Feste wie kaum je zuvor. Viele Anlässe suchen aber verzweifelt nach Personal. Das sind die Gründe.

Diesen Sommer gleicht die Schweiz einer Festhütte – der Event-Nachholbedarf nach Corona ist gross. Ob am Schwingfest oder der Streetparade; landauf, landab fehlt es an Helferinnen und Helfern, auf die viele Anlässe angewiesen sind.

Dies hat Konsequenzen: Weil etwa das Berner Stadtfest zu wenig Freiwillige fand, verkaufte es vergangenes Wochenende kaum Solidaritäts-Bändeli – entsprechend tief sind die Einnahmen.

Stadtfest Bern
Legende: Dem Berner Stadtfest fehlten viele Helferinnen. Darum konnten weniger Solidaritäts-Bändeli verkauft werden als geplant. Keystone

Auch beim Festival Buskers Bern fehlt gut sechs Wochen vor Beginn die Hälfte der 300 Helferinnen und Helfer. Die Personalsuche für die Bars und Stände verläuft ebenfalls harzig. «Wo sind alle die Leute, die vor Corona gearbeitet haben?», fragen sich Buskers-Festivalleiterin Christine Wyss und viele andere Event-Organisierende.

Das sind mögliche Erklärungen für den Helferinnenmangel

Eine Erklärung liefert Streetparade-Veranstalter Joel Meier. Er bezeichnete in der «NZZ» den Personalmangel gar als «Katastrophe».

Zürich von oben während der Streetparade: Man sieht sehr viele Menschen.
Legende: Die Zürcher Streetparde kämpft heuer ebenfalls mit Personalmangel. Keystone

«Früher hatten wir Stundenlöhner, die an der Streetparade aushalfen, um Spass zu haben. Jetzt hatten sie zwei Jahre keinen Spass und wollen zuerst Party machen statt arbeiten.»

Ich kann mir vorstellen, dass die Leute privat viel vorhaben, also zu verplant sind, um freiwillig auszuhelfen.
Autor: Diana Rüedi Stars in Town

Ins gleiche Horn bläst Diana Rüedi, Helferkoordinatorin beim «Stars in Town» in Schaffhausen. Gut 200 von 600 Helferinnen fehlen dem Festival in der Munotstadt. «Ich kann mir vorstellen, dass die Leute privat viel vorhaben, also zu verplant sind, um freiwillig auszuhelfen», sagt sie den «Schaffhauser Nachrichten».

Caritas fehlen 600 Freiwillige für Einsätze bei Bergbauern

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Heuen auf der Alp
Legende: Viele Bergbauernbetriebe sind auf Freiwillige angewiesen. Alleine bei Caritas fehlen diesen Sommer 600 Helferinnen und Helfer. Keystone

Viele Bergbauernfamilien brauchen während des Sommers Unterstützung auf der Alp. Das Hilfswerk Caritas vermittelt seit Jahren Freiwillige, welche etwa beim Heuen oder Putzen helfen. Heuer kann vielen Familien aber nicht unter die Arme gegriffen werden. 600 Helferinnen und Helfer fehlen für die Sommermonate. Das bedeutet Stress für ganze Bergbauernfamilen, sagt Silvano Allenbach von Caritas. «Wenn beispielsweise eine Kuh krank wird, kommen Bergbauern ohne Hilfe rasch an die Belastungsgrenze.»

Buskers-Leiterin Christine Wyss fügt an, dass sich womöglich viele Freiwillige für geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer engagieren. «Das absorbiert auch Helfer. Die Leute habe nur eine beschränkte Kapazität für Freiwilligenarbeit – wenn sie überhaupt dazu bereit sind.»

Personalmangel kann zu längeren Wartezeiten führen

Den Helfer-Engpass wird auch das Publikum spüren. Beim Gurtenfestival arbeiten an den vier Festivaltagen über 1500 Helfer und Mitarbeitende. Die Organisatoren hatten ebenfalls Mühe, nach zwei Jahren Corona-Pause genügend Personal zu finden.

Eingang Gurtenfestival
Legende: Beim Gurtenfestival sind viele Mitarbeitende aus früheren Jahren abgesprungen. Entsprechend viele Leute müssen eingearbeitet werden. Dies könnte zu längeren Wartezeiten für Besucherinnen und Besucher führen. Keystone

«Viele Helferinnen und Helfer aus früheren Jahren sind abgesprungen», sagt Gurtenfestival-Sprecherin Lena Fischer. Das bedeutet, dass viele Neulinge an den Bars, Bändelkontrollen oder Essständen arbeiten. «Das kann zu längeren Wartezeiten führen», führt Fischer aus.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 30.06.2022, 06:30 Uhr ; 

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