In der Primarschule lernten die Kinder kaum Französisch. Dieser Ansicht sind Kantonsrätinnen und Kantonsräte der Mitte, der SVP, der GLP und der EVP. Obwohl die Schülerinnen und Schüler ab der fünften Klasse erhebliche Zeit mit Frühfranzösisch verbringen, erreichten mehr als die Hälfte die Französischziele in der sechsten Klasse nicht.
«Eine Fremdsprache in der Primarschule ist genug», sagt Ursula Junker (SVP). Unter dem Fremdsprachenunterricht in Englisch und Französisch litten die Grundkompetenzen in Deutsch und Mathematik. Die Politikerinnen sind der Ansicht, dass Sekundarschülerinnen und Sekundarschüler die grammatikalisch komplexe Sprache schneller und effizienter erlernen könnten. Deshalb soll der Französischunterricht auf die Oberstufe verschoben werden.
«Keine Absage ans Französisch»
So würden die Kinder die zweite Landessprache mit grösserer Motivation und weniger Überforderung anpacken, sagte Kathrin Wydler (Mitte): «Weil viele Kinder in der Primarschule überfordert sind, wird Französisch zum ungeliebten Fach und damit ist niemandem geholfen.» Auch die FDP unterstützte den Vorstoss mehrheitlich: «Unsere Befürwortung ist keine Absage zum Französisch oder gar gegen die Westschweiz», sagte Marc Bourgeois.
Dagegen ausgesprochen haben sich SP, AL sowie die Grünen. «Es ist besonders wichtig, den Frühfranzösischunterricht spielerisch zu gestalten», sagte Carmen Marty Fässler (SP). So bleibe die Freude an der Fremdsprache erhalten. Es gebe Handlungsbedarf bei der Art und Weise, wie die zweite Landessprache vermittelt werde.
«Bedenkliches Zeichen an die Westschweiz»
Wenn der grosse Kanton Zürich das Frühfranzösisch abschaffe, sei das ein markantes und bedenkliches Zeichen gegen die sprachliche Kohäsion und die Identität des Landes. Dies sagte David Galeuchet (Grüne), der sein Votum auf Französisch begann, aber vom Ratspräsidenten Beat Habegger (FDP) unterbrochen wurde – im Zürcher Kantonsrat müssen die Wortmeldungen auf Deutsch gehalten werden.
Auch die Zürcher Regierung wollte das Frühfranzösisch beibehalten. «Dieser Vorstoss ist ein Spiel mit dem Feuer», sagte Bildungsdirektorin Silvia Steiner (Mitte). Als grösster deutschsprachiger Kanton stehe Zürich unter besonderer Beobachtung. Denn würde Französisch verschoben, müsste der Kanton Zürich aus dem HarmoS-Konkordat austreten, dem Kompromiss zwischen den Kantonen, der den Unterricht der Fremdsprachen regelt.
Steiner gab allerdings zu, dass es Verbesserungspotenzial gebe beim Französischunterricht: «Aber aufgeben, nur weil wir mit dem Ergebnis nicht zufrieden sind, ist auch keine gute Idee. Sie hören ja auch nicht einfach auf zu laufen, wenn Sie es noch nicht so gut können.»
Zürich folgt Appenzell Ausserrhoden
Eine Mehrheit des Parlaments hörte nicht auf die Warnungen der Regierungsrätin und unterstützte den Vorstoss. Damit folgt Zürich dem Kanton Appenzell Ausserrhoden, dessen Kantonsparlament der Regierung im Frühling ebenfalls den Auftrag gab, den Französischunterricht in die Oberstufe zu verschieben. Denn die Idee, Frühfranzösisch abzuschaffen, ist nicht neu. Seit Jahren gibt es ähnliche Bestreben in mehreren Kantonen, vor allem in der Ostschweiz. Etwa in den Kantonen St. Gallen, Thurgau und sogar im zweisprachigen Bern gibt es politische Vorstösse in diese Richtung.