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«Ich empfehle jedem Skitourenfahrer einen Biwaksack»
Aus Rendez-vous vom 01.05.2018. Bild: Keystone
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Fünf Alpinisten erfroren «Wind und Kälte kühlen den Körper ab, bis das Herz still steht»

Ihre Bergtour endete im Drama: Sechs der 14 Skitourenfahrer, die am Sonntag im Wallis zu einer Skitour gestartet waren, sind tot. Eine Person kam bei einem Absturz ums Leben, die anderen fünf starben an Kälte und Strapazen. Die Tourenfahrer waren auf ihrer Tour im Gebiet Pigne d'Arolla von einem Sturm überrascht worden. Sie mussten die Nacht draussen verbringen, auf über 3000 Metern, bei Temperaturen zwischen minus fünf und minus zehn Grad.

Oswald Oelz

Oswald Oelz

Expeditionsarzt

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Oswald Oelz ist ein österreichisch-schweizerischer Arzt und Bergsteiger. Der Internist und Höhenmediziner betrieb neben seiner Tätigkeit als medizinischer Forscher Extrembergsteigen und war Teilnehmer zahlreicher Expeditionen im Himalaya. Von 1991 bis 2006 war Oelz Chefarzt an der Medizinischen Klinik des Triemlispital in Zürich.

SRF: Mehrere Personen waren stark unterkühlt, wie überlebt man eine solche Nacht auf über 3000 Metern?

Oswald Oelz: Das Wesentlichste ist, dass man den Wärmeverlust minimiert. Man gräbt eine Schneehöhle falls möglich. Man setzt sich da hinein und zieht einen Biwaksack über. Ein Biwaksack ist ein lebensrettendes, ein halbes Kilo wiegendes Gerät, das man eigentlich immer grundsätzlich im Rucksack haben sollte. Ich habe das zumindest immer so gehabt und darum auch einige Nächte ohne grössere Beschädigungen überlebt.

Minus fünf bis minus zehn Grad. Das ist gar nicht so kalt?

Das ist wirklich nicht so kalt. Aber wenn halt noch Wind dazu kommt oder wenn die Isolation ungenügend ist, dann kühlt der Körper ab, bis es zum Herzstillstand kommt.

Würde auch eine Notfallfolie reichen?

Eine solche Folie ist sicher ein gewisser Schutz, aber grundsätzlich kann man sich damit nicht so richtig isolieren. Auch bei Tag ist so ein Biwaksack gut, falls man sich zum Beispiel verletzt hat. In diesem Sack kann man dann warten, bis Hilfe kommt.

Würde Bewegung nicht helfen.

Bewegung ist keine gute Idee. Da exponiert man den Körper noch mehr dem Wind und der Kälte.

Bewegung ist keine gute Idee. Da exponiert man den Körper noch mehr dem Wind und der Kälte.

Man kreiert zwar etwas Eigenenergie, aber der Verlust an Wärme ist wahrscheinlich grösser als das, was man durch die Bewegung gewinnt.

Fünf der sechs toten Berggänger starben im Spital. Man kann also auch nach der Rettung noch erfrieren?

Ich weiss nicht, was genau passiert ist. Üblicherweise werden unterkühlte Personen, deren Herztätigkeit ausgesetzt hat, im Spital möglichst rasch wieder erwärmt. Die beste Methode ist das Anschliessen an eine Herz-Lungen-Maschine. In dieser wird das Blut des Patienten aufgewärmt. Wenn die Körpertemperatur über 30 Grad ist, kann man mittels eines Stromstosses das Herz wieder zum Schlagen bringen. Das Gehirn ist während der Abkühlung, vor allem wenn die Abkühlung rasch genug erfolgt ist, geschützt, weil eben der Stoffwechsel heruntergefahren wird.

Das Gespräch führte Simon Leu.

«Bergführer werden oft unter Druck gesetzt»

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Legende: Keystone

Einer, der das Gebiet am Pinge d'Arolla kennt, ist Bruno Jelk. Er war 34 Jahre lang Rettungschef in Zermatt. «Das ist das Gebiet der Haute-Route von Chamonix nach Zermatt oder Saas-Fee. Besonders im Frühling machen hier viele Leute eine einwöchige Skitour und gehen von Hütte zu Hütte», so Jelk.

Das grosse Problem beim Drama sei der Wetterumsturz gewesen und die Tatsache, dass der Bergführer verunglückt sei.

«Nachdem der Bergführer abgestürzt war, war die Gruppe führerlos. Alpinisten mit wenig Erfahrung wissen dann nicht, was genau zu tun ist. Dies führte mitunter zur Katastrophe», erklärt Jelk gegenüber SRF News.

Jelk sagt auch, dass Bergführer oft von ihren Gästen unter Druck gesetzt würden, eine Tour auch bei zweifelhaftem Wetter zu machen. «Weil die Gäste oft eine Route im Kopf haben und diese in einer Woche machen wollen, setzen sie den Bergführer unter Druck.» Der Bergführer müsse diesem Druck standhalten und sich dagegen wehren, so Jelk. «Nur so kann er die Sicherheit der Gäste am Berg gewährleisten.»

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Interview mit dem ehemaligen Rettungschef Bruno Jelk
06:09 min
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