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Fungizid im Trinkwasser Gefahr aus dem Wasserhahn

Der Gehalt des Fungizides Chlorothalonil im Grund- und Trinkwasser überschreitet in einigen Regionen den Höchstwert. Die Rückstände des Pflanzenschutzmittels könnten krebserregend sein.

Frisch und sauber sprudelt es aus dem Wasserhahn – das nimmt die Bevölkerung zumindest an. Doch nicht überall ist das Trinkwasser so unbedenklich geniessbar. Messungen verschiedener Kantone zeigen, dass an einigen Orten in der Schweiz die Höchstwerte von Chlorothalonil im Wasser überschritten wurden.

Bei Chlorothalonil handelt es sich um einen Wirkstoff, der seit den 1970er Jahren gegen Pilzbefall im Ackerbau verwendet wird. Er kommt vor allem im Anbau von Wein, einzelnen Getreide- und Gemüsesorten sowie bei einzelnen Zierpflanzen zum Einsatz. Im Jahr 2017 wurden über 45 Tonnen des Fungizides auf Schweizer Äckern verteilt. Ab einer bestimmten Konzentration kann der Stoff möglicherweise krebserregend und genverändernd wirken.

Anfang dieses Jahres hat die Europäische Union das Pestizid verboten. Wirksam wird das Verbot ab Anfang 2020. Auch in der Schweiz will das Bundesamt für Landwirtschaft die Bewilligung für Chlorothalonil widerrufen. Wirksam wird dies aber voraussichtlich erst im Herbst. Bis dahin darf das Fungizid weiterhin genutzt werden.

Viele Orte betroffen

Vor allem betroffen sind Regionen mit viel Ackerbau. Auch in Zürich, in der Waadt und an drei Orten in Bern wurde der Höchstwert überschritten. Im Kanton Aargau wiesen 10 Prozent der Messungen einen erhöhten Gehalt auf. Konkrete Gemeinden wollten diese Kantone nicht nennen. Genaue Messungen seien noch im Gang.

Genaueres lässt sich von den Kantonen Schaffhausen und Freiburg sagen: In einem Ortsteil von Stein am Rhein (SH) wurde zu viel Chlorothalonil im Trinkwasser festgestellt. Ebenfalls betroffenen ist die freiburgische Gemeinde Domdidier (FR).

Im Kanton Solothurn ergaben Messungen gleich in 18 Gemeinden Höchstwertüberschreitungen.

Das sind die betroffenen Gemeinden im Kanton Solothurn

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Wangen bei Olten, Rickenbach, Gerlafingen, Olten, Starrkirch-Wil, Trimbach, Hauenstein-Ifenthal, Kappel, Boningen, Gunzgen, Härkingen, Egerkingen, Neuendorf, Niderbuchsiten, Oberbuchsiten, Kestenholz, Wolfwil, Fulenbach

Laut dem freiburgischen Kantonschemiker Claude Ramseier können Massnahmen von der Schliessung betroffener Fassungen über das Verdünnen von Trinkwasser bis zu einem Trinkverbot in einzelnen Gebieten reichen. Einige Gemeinden haben bereits Massnahmen ergriffen.

Domdidier (FR) hat die kontaminierte Quelle geschlossen und Teile der Wasserversorgung mit aufbereitetem Seewasser ersetzt. In Stein am Rhein (SH) wird das kontaminierte Wasser stark verdünnt. Dadurch soll der Chlorothalonil-Gehalt gesenkt werden, wodurch das Trinkwasser wieder geniessbar wird. Zudem sollen Quellfassungen saniert werden.

Pestizide sind jahrelang im Trinkwasser

Der Schaffhauser Kantonschemiker Kurt Seiler fordert den Bund auf zu handeln. «Wir sind uns momentan unsicher, wie gefährlich dieser Stoff ist», sagt er.

Wie schwierig es ist, Rückstände von Stoffen wie Chlorothalonil wieder aus der Umwelt zu bekommen, zeigt sich am Beispiel Atrazin. Das Herbizid wurde vor 10 Jahren verboten. Noch immer ist es an vielen Orten nachweisbar, auch jetzt noch mit Höchstwertüberschreitungen. Auch beim Chlorothalonil dürfte es noch lange dauern, bis das Leitungswasser wieder unbedenklich geniessbar ist.

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