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100 Jahre FC Hakoah Zürich
Aus Schweiz aktuell vom 28.03.2023.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 7 Sekunden.
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Fussball und Sabbat Kicken unter dem Davidstern

Seit 100 Jahren spielt der FC Hakoah Zürich – ausser an Samstagen. Der Traditionsclub ist ein Hort jüdischer Kultur und kämpft gegen Antisemitismus.

«Wir spielen mit dem Stern auf dem Herz, und das schon seit jeher. Er sollte aber nicht nur für das Judentum stehen, sondern auch für Offenheit», erzählt Jeremy Attar stolz. Er trainiert regelmässig in Zürich-Altstetten mit dem FC Hakoah Zürich. Attar zählt zu den rund 200 Mitgliedern des grössten jüdischen Fussballclubs der Schweiz.

Eine Mannschaft aus den Fünfziger Jahren.
Legende: Eine Mannschaft aus den Fünfziger Jahren. FCZ-Museum

«Hakoah» bedeutet «Kraft» auf Hebräisch. Der Name war typisch für die Zwanzigerjahre, als sich Jüdinnen und Juden selbstbewusst zu organisieren und gegen antisemitische Anfeindungen zu wehren begannen. Sport hatte eine wichtige Integrationsfunktion für viele Juden in der Schweiz. 1921 gegründet, umfasste der «Sportclub Hakoah» in Zürich neben Fussball auch eine Leichtathletik-, Tennis- und Schwimmsektion. Der Kampf ums Leder sollte aber schon früh die herausragende Rolle spielen.

Warum sich viele Hakoah-Fans auch dem FCZ verbunden fühlen

Einwanderer aus Osteuropa prägten den jungen Club massgeblich. Oft lebten sie in den Arbeiterquartieren Aussersihl und Wiedikon, wo jüdische Betlokale, Kulturvereine und Gewerbe entstanden. Die «Bodenständigkeit» ist ein wesentlicher Grund, dass sich viele Hakoah-Fans zugleich dem FCZ verbunden fühlen. Ausserdem gab es innerhalb des FCZ in der Vergangenheit keine antisemitischen Tendenzen wie bei GC.

Bernard Luks kickte in den 1950er-Jahren mit dem FC Zürich gegen die Young Boys.
Legende: Bernard Luks kickte in den 1950er-Jahren mit dem FC Zürich gegen die Young Boys. FCZ-Museum

Mit Fäusten gegen Antisemitismus

Wie ein roter Faden zieht sich der Kampf gegen Antisemitismus durch die Vereinsgeschichte. Bernard Luks war in den Fünfzigerjahren sowohl bei Hakoah wie beim FCZ aktiv. In einem vom FCZ-Museum und Swiss Sports History produzierten Video erinnert sich der Zeitzeuge an handfeste Auseinandersetzungen. «Ein gegnerischer Spieler war gefoult worden, worauf er ‘Saujud!’ rief. Dies hat unser Professor Guggenheim von weitem gehört und ihm halbwegs von hinten einen Kinnhaken versetzt. Nachher lag der Mann k.o. am Boden», gibt der kürzlich verstorbene Veteran im Video zu Protokoll.

Einziger jüdischer Fussballverein Europas im 2. Weltkrieg

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Während des Nationalsozialismus und Zweiten Weltkriegs war der FC Hakoah Zürich der einzige jüdische Fussballverein in Europa, der ununterbrochen existierte und seinen Spielbetrieb aufrechterhalten konnte. «Er war immer offen für Migranten», so Jucker. «Damals haben sehr viele jüdische Flüchtlinge, vor allem aus dem Osten, bei Hakoah eine Heimat gefunden». Inzwischen haben sich dem Verein auch Kicker aus der Ukraine angeschlossen.

Erst ab 1948, als der Staat Israel proklamiert wurde und sich dank einer starken Armee behauptete, sei der Respekt gegenüber jüdischen Fussballern schlagartig gewachsen, sagt Luks weiter. Als Präsident von Hakoah sieht Jeffrey Sachs aktuell kaum Grund zur Sorge. Abgesehen von zwei antisemitischen Vorfällen 2022 habe es in jüngerer Zeit kaum Probleme gegeben.

Sabbat (noch) kein Hindernis

Wie es die Tradition verlangt, gibt es an Samstagen, am Sabbat also und jüdischen Feiertagen, weder Trainings noch Matches. «Wir sind immer noch ein Verein mit einer jüdischen Identität», unterstreicht Sachs. «Das wollen wir für immer beibehalten.» Vertreten seien alle Glaubensrichtungen, von liberal bis orthodox. Die Trainer waren in den letzten Jahren oft nicht jüdisch. Sachs schätzt, dass bei der Aktivmannschaft etwa zwei Drittel, bei den Junioren über 90 Prozent jüdisch sind.

Ausdruck des «Muskeljudentums»

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1898 schrieb der Arzt und zionistische Schriftsteller Max Nordau vom «Muskeljudentum». Dieser Ausdruck sei für den FC Hakoah Zürich bis in die Sechzigerjahre wichtig geblieben, erklärt Sporthistoriker Michael Jucker. «Der Name bedeutet, dass sich jüdische Männer sportlich betätigen, um kräftig und wehrhaft zu sein und dass sie nicht nur in der Stube sitzen und Bücher lesen», betont Jucker, der als Co-Leiter des FCZ-Museums zur Geschichte des FC Hakoah geforscht hat.

Momentan spielt Hakoah in der vierten Liga. Auf diesem Level seien die samstäglichen Pausen noch kein Problem, sagt Jeffrey Sachs. «Wenn wir in Richtung nationale Ebene gingen, reden wir über eine andere Geschichte. Aber bis dahin müssen wir noch etwas besser werden», gibt er mit einem Schmunzeln zu verstehen. Der Zusammenhalt und die Pflege jüdischer Traditionen scheinen wichtiger zu sein als ein Spitzenplatz an der Tabelle.

Sonderausstellung zu 100 Jahre FC Hakoah

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Noch bis anfangs Mai zeigt das FCZ-Museum in Zürich eine Sonderausstellung zu 100 Jahren FC Hakoah.

Passend dazu gibt es auch ein Buch über den Fussballclub: «De Stern ufem Herz, in Züri dihei»: Hundert Jahre Vielfalt, Offenheit und Toleranz. Erschienen im Chronos-Verlag, Zürich, 2022.

Schweiz aktuell, 28.03.2023, 19 Urh

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