Einen Ball nach dem anderen wirft Emiddio Sansone auf einem Fussballfeld in Rafz Richtung Tor. Er sitzt nur wenige Meter davon entfernt in seinem Rollstuhl, gibt Anweisungen und beobachtet genau, wie die jungen Goalies reagieren.
No risk, no fun.
Ob es gefährlich wäre, wenn ein Ball ihn treffen würde? «Selbstverständlich!», antwortet Sansone und schiebt nach: «Aber: No risk, no fun.»
Der 44-jährige Trainer leidet an einer Glasknochenkrankheit. Und die Bezeichnung treffe es in diesem Fall ganz gut. «Ich sage immer, es ist wie bei einem Glas.» Wenn es herunterfällt, zerspringt es in tausend Scherben. Ähnlich verhalte es sich mit seinen Knochen nach einem Stoss oder Sturz.
Hunderte Knochenbrüche
Als Sansone auf die Welt kam, habe er sich eine erste Rippe gebrochen. Er sagt: «Bei 200 Knochenbrüchen habe ich aufgehört zu zählen.» Da war er ein junger Teenager.
Beklagen möchte sich Emiddio Sansone jedoch nicht. Und beeinträchtigen lassen sowieso nicht. «Mich halten nur Stufen auf», sagt er. Sport sei für ihn Therapie.
Wenn ich selbst nicht spielen kann, kann ich es doch den Kiddies beibringen.
Fussball konnte Sansone seiner Krankheit wegen nie spielen. Trotzdem gehörte der Sport von klein auf zu seinem Leben, erzählt Sansone. Eine Leidenschaft, die er von seinem Vater geerbt habe.
Bereits mit zwölf Jahren habe er jedoch begonnen, als Schiedsrichter Fussballspiele zu pfeifen. Später habe er sich gedacht: «Wenn ich selbst nicht spielen kann, kann ich doch den Kiddies beibringen, wie man Fussball spielt.»
Pionier im Rollstuhl
Dieser Traum ist in Erfüllung gegangen. Seit zwei Monaten ist Sansone nun Cheftrainer der C-Junioren des FC Rafzerfeld. Er sei der erste «Rollifahrer» in dieser Funktion. Auch in Deutschland, wo er aufgewachsen ist, kenne er keinen Cheftrainer im Rollstuhl.
Lars, einer der C-Junioren des FC Rafzerfeld, gibt zu, dass er vor dem ersten Training Zweifel hatte. Wie der Trainer etwa Übungsposten aufstellen werde. Schon das erste Training habe jedoch gezeigt: «Das funktioniert alles gut», sagt Lars.
Seit Sansone die Trainings übernommen habe, sagt Lars, seien sie strenger. Aber sie machten ihm Spass und brächten ihn weiter. Auch der junge Goalie Leart sagt über Sansone: «Er ist ein sehr guter Trainer.»
Worte, die Emiddio Sansone viel bedeuten. Die Jungen hätten ihn akzeptiert, wie er sei. Und sie seien sogar stolz auf ihn. Mit den «Jungs» könne er etwas erreichen. In der nächsten Saison könnten sie gar um den Aufstieg kämpfen, sagt Sansone.
Neuland für den Fussballklub
Nicht nur von den Junioren, auch vom Verein erhält Sansone Unterstützung. Arne Ramdohr, der beim FC Rafzerfeld für die Junioren zuständig ist, sagt, mit Sansone hätten sie die richtige Wahl getroffen: «Er ist unheimlich motivierend für die Jungs und analysiert stark.»
Man muss Kleinigkeiten anpassen, an die man vorher überhaupt nicht denkt.
Auch der Fussballklub habe mit der Anstellung eines Trainers im Rollstuhl Neuland betreten. Das Fach mit den Bällen sei früher oben gewesen, sie hätten es umbauen müssen, sagt Ramdohr. Den Schlüssel für die Lichtanlagen hätten sie umgehängt. «Es sind solche Kleinigkeiten, an die man überhaupt nicht denkt.»
Sansone findet, der Verein sei gut umgegangen mit der Situation. Wenn etwas unklar sei, kämen die Leute auf ihn zu. «Das ist für mich das A und O als Rollifahrer», sagt er.
Für die Zukunft wünsche er sich, dass mehr Vereine Trainer im Rollstuhl einstellen würden. «Integration ist mir sehr, sehr, sehr wichtig.» Im Jahr 2024, findet Sansone, sollte das selbstverständlich sein.