Zum Inhalt springen

Gefährdetes Moor Rothenthurm So soll die grösste Moorlandschaft der Schweiz wieder wachsen

Das Schicksal des Hochmoors von Rothenthurm bewegte einst die ganze Schweiz. Nun ist es geschützt – und dennoch in Not.

Tief hängen die Wolken zwischen Katzenstrick und dem Höhronen, aus dem grauen Himmel nieselt es hinab auf die Ebene von Rothenthurm im Kanton Schwyz. Nicht gerade das beste Wetter für einen Spaziergang durch das Hochmoor. Doch Bastien Amez-Droz schmunzelt: «Für das Moor ist das Wetter perfekt.»

Das Moor in Rothenthurm bei Nieselregen.
Legende: Grauer Himmel und Nieselregen über Rothenthurm: Für das Moor sind das ideale Wetterbedingungen – denn als Lebensraum ist es auf Feuchtigkeit angewiesen. SRF/Christian Oechslin

Denn ein Moor bleibe nur am Leben, wenn es einen Überschuss an Wasser gibt, erklärt der Moor-Spezialist der Pro Natura. Wie ein Schwamm müsse es sich vom Herbst bis zum Frühling vollsaugen können, um dann während des Sommers seine Vegetation mit genügend Feuchtigkeit versorgen zu können.

Der Abbau von Torf rächt sich heute

Doch in Rothenthurm ist dies längst nicht mehr der Fall: Die mit rund 1100 Hektaren grösste zusammenhängende Moorlandschaft der Schweiz ist vielmehr dabei, langsam aber sicher auszutrocknen.

Das hat viel damit zu tun, dass hier bis in die 1940er-Jahre im grossen Stil Torf abgebaut wurde, der dann als Brennstoff zum Einsatz kam. Gleichzeitig wurde ein Grabensystem durch die Landschaft gezogen, um das Moor zu entwässern.

Lebensraum und Klimaschutz: Darum sind Moore so wichtig

Box aufklappen Box zuklappen

Moore sind einerseits Lebensraum für zahlreiche selten gewordene Pflanzen und Tiere: In der Schweiz bieten sie Zuflucht für etwa ein Viertel aller bedrohten Pflanzenarten. Auch Libellen, Frösche oder andere Amphibienarten finden in Mooren ideale Lebensbedingungen.

Ihr Erhalt ist aber auch wichtig für den Klimaschutz. Obwohl Moore weltweit nur gerade drei Prozent der Landmasse ausmachen, speichern sie doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder der Welt zusammen.

Trocknen Moorböden aus, wird der darin gebundene Kohlenstoff freigesetzt – und in Verbindung mit Sauerstoff entstehen dabei grosse Mengen an CO2.

Das rächt sich nun: Der feuchten Landschaft – und damit einem komplexen Ökosystem – geht das Wasser aus. Und hier kommt wieder Bastien Amez-Droz ins Spiel.

Es soll hier wieder nässer werden, und damit auch vielfältiger.
Autor: Bastien Amez-Droz Moor-Spezialist Pro Natura

Pro Natura will nämlich dafür sorgen, dass das Moor von Rothenthurm sein Wasser besser speichern kann. «Es soll hier wieder nässer werden, und damit auch vielfältiger», sagt Amez-Droz.

Holzwände sollen Wasserabfluss stoppen

Das bedeutet: Das Wasser muss am Abfliessen gehindert werden. Im Rahmen eines Regenerationsprojekts werden nun alte Entwässerungsgräben gesperrt. Ein Bagger rammt zudem Holzpalisaden in den Boden – so tief, bis sie auf festen Untergrund stossen.

Ein Bagger bei den Regenarationsarbeiten im Moor von Rothenthurm.
Legende: Eine Art unterirdische Wassersperre: In Rothenthurm werden Holzpalisaden in den Moorboden gerammt – was darüber hinausragt, wird später mit Torf abgedeckt, damit es nicht verrottet. SRF/Christian Oechslin

«Seit 2014 messen wir hier das Grundwasser und die Abflüsse, wir kennen die Hydrologie des Moors. Auf dieser Grundlage haben wir diese Sperren entwickelt», sagt Fabian Peter, Bauleiter des Projekts.

Gearbeitet werden darf zwar nur während jeweils zwei Monaten im Herbst – die restliche Zeit ist entweder der Boden zu empfindlich oder die Vögel brüten ihren Nachwuchs aus. Dennoch sollen in den kommenden drei Jahren aber 18 solcher Holzpalisaden im Boden versenkt werden. Und es dem Moor ermöglichen, wieder zu wachsen.

Bastien Amez-Droz von Pro Natura (links) und Bauleiter Fabian Peter auf dem Moor von Rothenthurm.
Legende: Mission Moor-Regeneration: Bastien Amez-Droz von Pro Natura (links) und Bauleiter Fabian Peter auf dem Moor von Rothenthurm. SRF/Christian Oechslin

Das Moor von Rothenthurm ist symbolträchtig: Es ist der Grund dafür, dass die Schweiz als bislang einziges Land den Schutz der Moore in der Verfassung garantiert.

Hier begann der Moorschutz der Schweiz

Auslöser dafür waren die Pläne des damaligen Militärdepartements, das in den 1970er-Jahren auf der Moorlandschaft einen Waffenplatz mitsamt Kaserne für 500 Soldaten plante. Die Bauern weigerten sich jedoch, ihr Land an den Bund zu verkaufen und wehrten sich gerichtlich gegen Enteignungsverfahren.

Gleichzeitig lancierten sie 1983 mit dem WWF eine «Initiative zum Schutz der Moore», die ein Verbot von Veränderungen «an besonders schönen und national bedeutenden Mooren» forderte.

Nach einem gehässigen Abstimmungskampf nahm die Stimmbevölkerung die Initiative mit 57.8 Prozent an – gegen den Willen von Bundesrat und Parlament.

Der Waffenplatz ist seither vom Tisch, der Moorschutz garantiert – dennoch steht es weiterhin kritisch um Moorlandschaften. Auch wegen der zunehmend warmen und trockenen Sommer.

Doch es gibt auch Erfolgsmeldungen: Im bernischen Les Pontins führte Pro Natura ein ähnliches Projekt durch wie nun in Rothenthurm – nach zwei Jahren begann das dortige Moor wieder zu wachsen.

Regionaljournal Zentralschweiz, 24.10.2023, 17:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel