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Gefährliche Radioaktivität Jungfraujoch: Höchste Messstation Europas eingeweiht

Der Bund betreibt neu eine Messstation auf dem Jungfraujoch. Warum es sie braucht und wie sie funktioniert.

Die neue Messstation: Das Jungfraujoch in den Berner Alpen zieht nicht nur unzählige Ausflüglerinnen und Ausflügler an, der Tourismushotspot ist auch ein Ort der Superlative: Hier auf 3400 Meter über Meer befindet sich der höchstgelegene Bahnhof Europas sowie das höchstgelegene Postbüro Europas – mit eigener Postleitzahl. Und seit Kurzem ist hier auch Europas höchste Radioaktivitäts-Messstation in Betrieb. Mit ihrer Hilfe überwacht das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Radioaktivität in der Luft, damit im Ernstfall reagiert und die Bevölkerung alarmiert werden kann.

Bundesrätin beim Forschungszentrum
Legende: Elisabeth Baume-Schneider bei der Einweihung. Die Station ist eingebunden in ein europäisches Netz von Messstationen. Ein Ziel: Ländern auf die Spur zu kommen, die einen Zwischenfall in einem Atomkraftwerk vertuschen wollen. Keystone / Peter Schneider

Darum braucht es sie: Mit der Messstation sollen sogenannte radioaktive Wolken, die vom Ausland in die Schweiz gelangen, rasch erkannt und eingestuft werden. Das sind Staub und kleine radioaktive Partikel, die sich nach einem Unfall in einem Kernkraftwerk oder dem Einsatz einer Atomwaffe in der Atmosphäre verteilen. Die Messstation auf dem Jungfraujoch schliesst eine Lücke im Messnetz der Schweiz. Es brauche die Station, ist BAG-Projektleiterin Sybille Estier überzeugt – auch aufgrund der aktuellen politischen Weltlage, etwa dem Krieg in der Ukraine. «Leider ist das Risiko gestiegen, dass nukleare Anlagen in Europa angegriffen und radioaktive Stoffe freigesetzt werden.»

Saugkopf
Legende: Mitten in den Alpen: Temperaturen von bis zu minus 30 Grad, dazu kommen Feuchtigkeit und viel Wind. Die Bedingungen auf dem Jungfraujoch sind nicht unbedingt messfreundlich. Keystone / Peter Schneider

Bisher auf Flugzeuge gesetzt: Radioaktive Wolken verbreiten sich auf mindestens 2000 Meter über Meer. Bislang fehlte in der Schweiz eine Station in entsprechender Höhe. Um trotzdem an Daten zu kommen, setzte das Bundesamt für Gesundheit auf die Tiger-Flugzeugflotte. Bei Bedarf wurden die Kampfjets für Messflüge in die Luft geschickt. Die Tiger werden aber 2027 ausser Betrieb genommen. «Messflüge wären ab dann nicht mehr möglich gewesen», so Projektleiterin Estier. Ausserdem sei die Messstation auf dem Jungfraujoch günstiger, als neue Militärflugzeuge oder Drohnen für Testflüge umzurüsten.

Blick in die Filterlucke
Legende: Blick ins Innere des Filters. Die Entwicklungs- und Anschaffungskosten der neuen Messstation belaufen sich auf 450'000 Franken. Die Unterhaltskosten betragen rund 30'000 Franken pro Jahr. Keystone / Peter Schneider

So wird auf dem Jungfraujoch gemessen: Die Messstation ist rund um die Uhr in Betrieb und kann bereits geringste Konzentrationen von Radioaktivität aufspüren. «Die Anlage saugt viel Luft an. Diese wird gefiltert und kommt danach zu einem Detektor, welcher kontinuierlich die Radioaktivität misst», erklärt Sybille Estier. Das Besondere an der Station: Nicht nur Radioaktivität wird gemessen, sondern auch Substanzen und ihre Konzentration werden identifiziert und bestimmt. «Man weiss genau, was in der Luft und wie hoch die Konzentration davon ist.» Die Messresultate werden zweimal pro Tag übermittelt und sind öffentlich verfügbar.

Messstationen in der Schweiz: Das BAG überwacht in der Schweiz permanent die Radioaktivität in der Luft. Gemessen wird einerseits in rund einem Dutzend sogenannter Uranet-Aero-Stationen: Die Sonden messen automatisch und arbeiten wie die Station auf dem Jungfraujoch, sind jedoch weniger empfindlich. Sie schlagen Alarm, wenn es in der Schweiz zu einem nuklearen Vorfall kommt. Andererseits wird an sechs Standorten im Mittelland und im Tessin mittels Hochvolumenluftfilter (HVS) gemessen. Die Filter werden regelmässig zur Untersuchung ins Labor geschickt und dort analysiert. Dies geschieht auch mit dem Filter auf dem Jungfraujoch: Er wird wöchentlich gewechselt und untersucht.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 7.10.2025, 17:30 Uhr ; 

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