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Gegenvorschlag zur Initiative So will der Nationalrat gegen den Mangel an Pflegenden vorgehen

  • Der Pflegeberuf soll attraktiver werden: Darüber herrscht im Nationalrat Einigkeit.
  • Die Pflegeinitiative geht der grossen Kammer aber zu weit. Sie schlägt einen indirekten Gegenentwurf vor.
  • Eine Ausbildungsoffensive und mehr Verantwortung soll den Pflegeberuf stärken.
  • Als Nächstes wird wird der Ständerat darüber beraten.

SVP, FDP, GLP und die Mehrheit der Mitte-Fraktion mit CVP, BDP und EVP haben die Pflegeinitiative zur Ablehnung empfohlen. Sie begründeten dies unter anderem mit den Kosten und damit, dass Regelungen für eine spezifische Berufsgruppe in der Verfassung festgeschrieben würden.

Eine Minderheit der Mitte-Fraktion und der FDP sowie SP und Grüne sind für ein Ja zur Initiative eingetreten, da diese Verbesserungen der Arbeitsbedingungen – so etwa die Verpflichtung zu einem Gesamtarbeitsvertrag – enthält, um die Zahl der Berufsaustritte von Pflegefachkräften zu vermindern. Der Nationalrat hat die Initiative schliesslich mit 107 zu 82 Stimmen bei sechs Enthaltungen abgelehnt.

Das will die Initiative

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Pflegende für Initiative
Legende: Keystone

Die 2017 eingereichte Pflegeinitiative will Bund und Kantone dazu verpflichten, für genügend ausgebildete Pflegefachpersonen zu sorgen und die Eigenständigkeit des Pflegeberufs gesetzlich zu verankern. So soll der Pflegenotstand in Spitälern und Heimen gemildert werden. Das Volksbegehren wird auch von fünf grossen Universitätsspitälern mitgetragen.

In der Schweiz gibt es 1600 Alters- und Pflegeheime. Sie beherbergen insgesamt rund 100'000 betagte Menschen. Gemäss einer Studie (2013) hatten 93 Prozent dieser Heime Mühe, genügend qualifiziertes Pflegepersonal zu rekrutieren.

Ausser der SVP haben sich in der Debatte alle Parteien im Grundsatz für einen indirekten Gegenvorschlag ausgesprochen. Dieser sieht vor, dass Kantone Spitälern, Pflegeheimen und Spitex-Organisationen verbindliche Vorgaben zur Zahl der Ausbildungsplätze machen sollen.

469 Millionen Franken vom Bund

Zudem sollen sich die Kantone an Kosten der höheren Fachschulen und Fachhochschulen und Ausbildungslöhnen beteiligen. Der Bund soll die Kantone dabei finanziell unterstützen. Der Nationalrat bewilligte einen Bundesbeitrag von 469 Millionen Franken. Die Ausbildungsoffensive soll Berufsleute trotz geringem Einkommen zu diesen Studiengängen motivieren.

In einem zentralen Punkt ist der Nationalrat den Initanten entgegengekommen: Pflegende sollen Leistungen künftig direkt mit den Kassen abrechnen können. Es brauche dringend mehr Eigenverantwortung und eine Aufwertung des Berufes, sagte die St. Galler SP-Nationalrätin Barbara Gysi.

Bundesrat wehrte sich gegen mehr Kompetenzen für Pflegende

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Gesundheitsminister Alain Berset wehrte sich vergeblich gegen die Ausweitung der Kompetenz der Pflegefachleute. Er warnte dabei vor höheren Kosten zu Lasten der Prämienzahlerinnen und -zahler und der Schaffung eines Präjudizes. Ausserdem widerspreche die selbstständige Abrechnung den Bemühungen um mehr Koordination.

Berset sprach sich deshalb gegen die zusätzliche Kompetenz für die Pflegenden und auch gegen den von der Gesundheitskommission gewählten Weg über die Vereinbarung mit den Kassen aus. Bersets Antrag, beim geltenden Recht zu bleiben, lehnte der Rat aber mit 174 zu 22 Stimmen ab.

Die Kommission hätte das direkte Abrechnen zwar ebenfalls zulassen wollen. Voraussetzungen wären aber gewesen, dass der Bundesrat die Leistungen festlegt und eine Vereinbarung der Leistungserbringer mit den Krankenkassen vorliegt. SP, Grüne und GLP wollten diese Vereinbarung nicht im Gesetz haben und obsiegten. Der Nationalrat hiess den Gesetzesentwurf mit 124 zu 68 Stimmen bei vier Enthaltungen gut. Das Geschäft geht nun an den Ständerat.

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