Jahrzehntelang stellte die ehemalige Zuger Firma Crypto AG zwei Typen von Verschlüsselungsgeräten her: sichere, für wenige Länder. Und unsichere, also «knackbare», für den Rest der Welt. Rund 130 Länder erhielten manipulierte Geräte. Ihre geheime Kommunikation konnte von den Geheimdiensten CIA, BND und weiteren abgehört werden.
Seit dem Anfang der Spionage-Operation versprachen die CIA und der BND der Schweiz sichere Geräte. So steht in den Geheimdienstpapieren, die der «Rundschau» vorliegen: «Im Übrigen ist die Schweiz niemals mit schwachen Geräten beliefert worden.»
Hintertüren nicht auszuschliessen
Doch mehrere Personen aus dem Nachrichtendienst bezweifeln dies nun gegenüber der «Rundschau»: «Man kann nicht ausschliessen, dass auch bei uns Hintertüren installiert sind», sagt ein Nachrichtendienstler. Die Frage sei, ob die sich heute im Einsatz befindlichen Geräte wirklich sauber seien: «Wer überprüft das?»
Man kann nicht ausschliessen, dass auch bei uns Hintertüren installiert sind.
Das VBS schreibt der «Rundschau», in der Schweiz sei die Fachstelle Kryptologie, die an die Armee angegliedert ist, zuständig für die Überprüfung der Verschlüsselungssysteme. Die Spezialisten würden die korrekte Implementierung der kryptografischen Funktionen und Massnahmen zum Integritätsschutz umfassend und detailliert überprüfen und verifizieren: «Gemäss heutigem Kenntnisstand können Schwächen in den an Schweizer Behörden gelieferten Verschlüsselungssystemen ausgeschlossen werden.»
Für die Nachrichtendienstler ist das keine Beruhigung. Die Kryptologen beim Bund seien die gleichen, die seit Jahrzehnten genau Bescheid wussten über den Sachverhalt bei der Crypto AG: «Man kann nicht ausschliessen, dass in dem kleinen und bekannten kryptografischen Team jemand eingeschleust wurde und für einen fremden Dienst arbeitet.»
Eine staatlich kontrollierte Industrie
Schweizweit sind Geräte der Crypto AG im Einsatz. Im Bundeshaus, im VBS sowie bei den Kantonen sind solche Geräte installiert. Ein Beispiel ist das Funksystem TC-007. Es ist in den meisten Schweizer Botschaften installiert.
Man muss sich überlegen, ob die Schweiz nicht lieber neue Geräte will.
Man müsse sich überlegen, ob die Schweiz nicht lieber neue, in der Schweiz hergestellte Geräte wolle, deren Entwicklung und Herstellung unter Kontrolle von staatlichen Stellen verläuft, sagt ein Nachrichtendienstler. Zwar höre dann der Schweizer Staat mit: «Aber das ist für den Schweizer Bürger weniger schlimm, als wenn wie bei der Crypto AG unkontrolliert noch zwei weitere Staaten mithören.» Einer höre immer mit.
TCG Legacy, die von der Crypto AG seit der Aufspaltung das Vermögen der Firma übernommen hat, schreibt der «Rundschau»: «Unsere Schweizer Kunden waren immer zufrieden und waren dank ihrer Spezialisten jederzeit in der Lage, die Qualität der Geräte zu überprüfen.»
Der Nachrichtendienst des Bundes äussert sich nicht zu den Recherchen – wegen der laufenden Untersuchung der Geschäftsprüfungsdelegation.