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Gesetz scheitert im Parlament «Whistleblower riskieren weiterhin ihren Job»

Die ablehnende Haltung des Nationalrats zum Whistleblower-Gesetz stösst auf Kritik. Die Gründe für seine Konsternation erläutert Martin Hilti von der Non-Profit-Organisation Transparency International im Interview.

Martin Hilti

Geschäftsführer Transparency International Schweiz

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Der Berner Rechtsanwalt Martin Hilti amtet als Geschäftsführer von Transparency International Schweiz.

SRF News: Was sagen Sie dazu, dass der Nationalrat nach 2005 jetzt erneut ein Gesetz zur Regelung des Whistleblowing abgelehnt hat?

Martin Hilti: Das Ganze ist frustrierend. Seit 15 Jahren geht es mit dieser Vorlage nicht vom Fleck. Es ist bedauerlich, dass derzeit im Nationalrat offenbar keine Mehrheit besteht, diese Verbesserungen vorzunehmen. Damit bleibt der Handlungsdruck unverändert hoch.

Ein Whistleblower riskiert weiterhin eine strafrechtliche Verfolgung.

Was heisst das für jene Personen, die in der Schweiz einen Missstand melden wollen?

Es gilt weiterhin die völlig ungenügende derzeitige gesetzliche Regelung. Eine Whistleblowerin oder ein Whistleblower riskiert damit ihren oder seinen Job, findet womöglich keine neue Arbeit und wird vielleicht sogar strafrechtlich verfolgt.

Angesichts von verschiedenen Gerichtsurteilen in Whistleblowing-Fällen kann man allerdings nicht von einem rechtsfreien Raum sprechen...

Das ist so. Allerdings muss sich die Rechtsprechung ans Gesetz halten – und die heute gültige gesetzliche Regelung ist ungenügend. Der bundesrätliche Vorschlag versucht, diese Situation zu verbessern. Allerdings sind daran noch diverse Verbesserungen nötig. Es wäre wichtig, dass das Parlament diese vornehmen würde. Im Wesentlichen geht es darum, den Kündigungsschutz zu verbessern und die Hürden für Meldungen an die Behörden und die Öffentlichkeit zu senken.

Den einen geht der Vorschlag des Bundesrats zu wenig weit, den anderen zu weit.

Warum gelingt es der Politik nicht, einen griffigeren Rahmen zum Schutz von Whistleblowern zu beschliessen?

Wir haben eine Patt-Situation: Den einen geht der Vorschlag des Bundesrats zu wenig weit, den anderen zu weit. Deshalb dieser Stillstand.

Laut einer Studie haben 70 Prozent der Grossunternehmen in der Schweiz sowie jedes zehnte KMU eine Meldestelle für Whistleblower. Reicht das nicht?

Tatsächlich haben auch Unternehmen ein Interesse daran, dass ein Hinweisgeberschutz besteht und ein Meldesystem funktioniert. Denn um Unregelmässigkeiten oder Missstände beheben zu können, muss man davon überhaupt erst Kenntnis haben.

Allerdings sagen die erwähnten Zahlen wenig darüber aus, ob die eingerichteten Systeme auch tatsächlich funktionieren. So stellen wir fest, dass in der Praxis immer noch die Mehrheit der Unternehmen keinen genügenden Schutz von Whistleblowern eingerichtet hat.

Wird ein Gesetz, so wie Sie es sich wünschen, irgendwann doch noch kommen?

Die Hoffnung stirbt zuletzt und steter Tropfen höhlt den Stein. Ich bin zuversichtlich, dass wir über kurz oder lang eine gute Lösung finden werden. Leider sieht es jetzt danach aus, dass dies eher länger dauern dürfte.

Das Gespräch führte Christoph Kellenberger.

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