Nach dem Tessin will auch der Kanton St. Gallen die Gesichtsverhüllung und das Burka-Tragen in der Öffentlichkeit unter bestimmten Umständen verbieten.
Justizdirektor Fredy Fässler zeigte sich erstaunt. Nicht über die Annahme an sich, sondern über die Deutlichkeit des Abstimmungsergebnisses.
Die Ja-Stimmen in der Stadt St. Gallen liegen bei rund 54 Prozent, in Rapperswil-Jona und Wil bei rund 64 Prozent.
Mit einem Ja hatte ich gerechnet, aber nicht mit einem Ja auch in allen Städten.
Die SVP habe über ihre Parteigrenzen hinaus mobilisiert und Unterstützung von der CVP gehabt, sagt SVP-Präsident Walter Gartmann. In der Gesellschaft gebe es ein Unbehagen gegenüber Ganzkörperverhüllungen.
Man hat die Diskussionen im Tessin und in Österreich gesehen. Das Unbehagen ist einfach da.
Enttäuscht ist auf auf der Gegnerseite Juso-Vorstand Timo Räbsamen. Es sei nicht gelungen, aufzuzeigen, dass es im Kanton St. Gallen kaum eine Burkträgerin gebe. Zudem sei nicht vorstellbar, wie ein Polizist vor Ort eine Gefährdung erkennen solle.
Das Gesetz ist faktisch nicht durchsetzbar.
Nach der Annahme des Verhüllungsverbots muss nun eine Verordnung regeln, wie es umgesetzt wird. Das Verbot ist nämlich nicht ein generelles Verbot, sondern kommt dann zum Zug, wenn die öffentliche Sicherheit oder der «gesellschaftliche Frieden» gefährdet sind. Entscheiden muss dies jeweils der Polizist vor Ort.
Zur Abstimmung kam es, weil die Jungsozialisten und die Jungparteien der Grünen und GLP das Referendum gegen die Vorlage ergriffen. Konkret geht es um einen Nachtrag zum Übertretungsgesetz.
SVP-Kantonsräte erhoffen sich vom Verbot eine präventive Wirkung. Auch CVP-Vertreter sprachen sich dafür aus: Eine solche Ausdehnung des bestehenden Vermummungsverbots mache Sinn und entspreche einem Bedürfnis der Bevölkerung. Der Kantonsrat beschloss das Verbot mit 57:55 Stimmen.
SRF-Korrespondent Philipp Inauen betont, dass es kein absolutes Verhüllungsverbot sei. Diese eher schwammige Auslegung des Gesetzes müsse noch konkretisiert werden.
Die Gegner – FDP, SP, Grüne und GLP – sprachen von einem «Gesetz für die Galerie».