Im Februar lehnte das Thurgauer Kantonsparlament, der Grosse Rat, das Gesuch eines Mannes mit syrischer Staatsbürgerschaft auf Einbürgerung deutlich ab. Als Gründe wurden seine Schulden und seine angeblich «ungenügenden» Deutschkenntnisse genannt.
Obwohl das Bundesgericht diese Einwände bereits als unzulässig beurteilt hatte, hielt die Mehrheit des Parlaments daran fest. Viele waren der Meinung, das Urteil des höchsten Gerichts sei nicht verbindlich. Der Syrer reichte daraufhin mit seinem Anwalt Beschwerde beim Thurgauer Verwaltungsgericht ein.
Bundesgerichtsurteil gilt als wegweisend
Das Verwaltungsgericht weist nun das Kantonsparlamant an, den heute 47-Jährigen einzubürgern. Im Urteil heisst es: Der Grosse Rat habe zu viel Gewicht auf die «materiellen Einbürgerungs-Voraussetzungen» gelegt, also eben auf die finanziellen Aspekte. Der Einbürgerung des Syrers stehe «nichts Relevantes im Weg».
Die Schulden von mehreren Tausend Franken bei Behörden alleine würden ihn nicht als Kandidaten für den Schweizer Pass disqualifizieren, zumal er den grössten Teil zurückbezahlt und ihm die betroffene Gemeinde für den Rest einen Schuldschein ausgestellt habe, ruft das Verwaltungsgericht in Erinnerung. Dass er genügend gut Deutsch spreche, stehe ausser Frage. Er übersetzte als Dolmetscher an Gerichten im Thurgau.
Eine Ablehnung des Gesuchs wäre nur dann rechtens gewesen, wenn sich der Mann in jüngster Vergangenheit etwas hätte zuschulden kommen lassen. Dies sei laut Verwaltungsgericht nicht der Fall, weshalb sich an der Ausgangslage seit dem Bundesgerichtsurteil vor zwei Jahren und der Erteilung der eidgenössischen Einbürgerungsbewilligung im Mai 2024 durch das Staatssekretariat für Migration nichts Wesentliches verändert habe.
Frist verpasst – neuer Antrag nötig
Das Verwaltungsgericht kommt – wie zuvor das Bundesgericht – zum Schluss, dass der Syrer die Voraussetzungen für den Schweizer Pass erfüllt. Die Schulden stellten «höchstens einen geringfügigen Mangel» dar, der durch andere Kriterien ausreichend kompensiert werde. Für das Kantonsbürgerrecht gelten keine anderen Regeln als für das Gemeindebürgerrecht. Das Bundesgerichtsurteil sei daher wegweisend.
Das Verwaltungsgericht weist also den Fall zurück ans Kantonsparlament und verlangt, den Syrer im zweiten Anlauf einzubürgern. Eine direkte Einbürgerung durch das Gericht ist nicht möglich, da die eidgenössische Einbürgerungsbewilligung inzwischen erloschen ist. Der Gesuchsteller muss diese zunächst erneut beantragen. Die Bewilligung gilt jeweils nur ein Jahr – innerhalb dieser Frist muss das Kantonsbürgerrecht erteilt werden. Diese Voraussetzung ist derzeit nicht erfüllt.
Kanton zulasten des Kantons
Das Verwaltungsgericht entschädigt den Gesuchsteller mit fast 5500 Franken und erlegt die Verfahrensgebühren in Höhe von 2000 Franken dem Kanton Thurgau auf.