Man kennt es von Bächen und Flüssen. Oft werden begradigte und verbaute Gewässer im Rahmen von Hochwasserschutzprojekten renaturiert. Statt in einem sterilen Bachbett schlängelt sich der Fluss danach natürlich durch die Landschaft.
Nun werden auch immer mehr Seeufer revitalisiert. Seit drei Jahren unterstützt der Bund solche Projekte finanziell.
Im Fokus sind dabei flache Uferzonen. Sie bieten in ihrer natürlichen Form vielen Pflanzen und Tieren einen Lebensraum. So finden etwa Fische in den seichten Uferbereichen ideale Laichplätze. Doch häufig stehen diese Seeufer unter Druck, etwa durch die Freizeitnutzung.
In der Schweiz gibt es rund 1700 Seen mit einer kumulierten Uferlänge von mehr als 3000 Kilometern. Viele dieser Seen sind reguliert und die Ufer verbaut. Wo es noch flache Uferzonen gibt – vielleicht sogar mit einer Flussmündung, die ein Delta bildet –, wird das abgelagerte Material ausgebaggert.
Renaturierung des Seeufers bei Alpnach
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Bild 1 von 2. Das Südufer des Alpnachersees zu Beginn des Revitalisierungsprojekts. Durch den Abbau von Kies und Sand verschwand der Flachwasserbereich. Bildquelle: ZVG / Kanton Obwalden.
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Bild 2 von 2. Im Mündungsbereich der Sarneraa wurde eine Flachwasserzone geschaffen. An deren Rand entstand ein neues Flachmoor. Bildquelle: ZVG / Kanton Obwalden.
So war es auch während Jahrzehnten am Südufer des Alpnachersees, einem Teil des Vierwaldstättersees. Im Mündungsbereich der Sarneraa wurden Kies und Sand gewonnen. Das einst flache Ufer wurde bis zu zehn Meter abgesenkt, das Flachmoor verschwand. 2016 formulierte der Kanton Obwalden das Ziel, die Uferlandschaft ökologisch aufzuwerten. Die Kiesgewinnung war inzwischen eingestellt worden.
Riesige Mengen Gestein im See versenkt
Nach mehrjährigen Projektstudien und Abklärungen wurde 2019 damit begonnen, im Mündungsbereich der Sarneraa eine Flachwasserzone aufzuschütten. Auf einer Fläche von etwa 250 auf 300 Meter wurde der Seegrund angehoben.
Auf etwa einem Drittel der Fläche sollte ein neues Flachmoor entstehen. In diesem Bereich musste bis über die Wasserlinie geschüttet werden. Dafür wurden gewaltige Mengen an Material gebraucht. Innerhalb von fünf Jahren wurden gut 700'000 Tonnen Gestein im See versenkt.
Das Schüttmaterial kam zur einen Hälfte aus dem Tessin. Es stammte aus der Erneuerung des Kraftwerks am Ritomsee. Das Material wurde per Zug und Lastschiff von Flüelen nach Alpnach gebracht. Die andere Hälfte stammte vom Ausbruch des Hochwasserentlastungsstollens im Kanton Obwalden, der gleichzeitig gebaut wurde.
Keine Erfahrungen
Eine besondere Herausforderung stellte die Bildung eines neuen Flachmoors dar. In der Schweiz fehlte der Erfahrungswert, wie so etwas gemacht wird. Schliesslich wurde als «Starthilfe» Schnittgut eines benachbarten Flachmoors auf die neue Fläche ausgebracht. Das funktionierte, die gewünschten Pflanzen siedelten sich an.
Letztes Jahr konnte das Revitalisierungsprojekt abgeschlossen werden. Es entstanden Kosten von rund zehn Millionen Franken. Jetzt erhält es vom Verein für Ingenieurbiologie den Gewässerpreis 2025. Damit will die Vereinigung, die sich unter anderem für den naturnahen Gewässerbau engagiert, dem pionierartigen Projekt Aufmerksamkeit verschaffen und Nachahmer animieren.