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Giftige Stoffe im Boden Basel-Stadt über Studie von Altlastenexperte verärgert

Die Forderung, Basel möge sich bei Chemiesanierungen das Wallis zum Vorbild nehmen, ärgert Basler Behörden.

Dort, wo die Chemie einst Farben in Basel herstellte, sollen in den kommenden Jahren neue Quartiere entstehen; Menschen sollen dort wohnen, Kinder spielen, Leute arbeiten. Nun kritisiert der Basler Altlastenexperte Martin Forter, dass das Gebiet zu wenig gut untersucht sei, um bebaut zu werden. Forter hat die Studie im Auftrag der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU) durchgeführt, welchen er selbst angehört.

Stadtteil mit chemischer Industrie von oben.
Legende: Der Industriestandort Klybeck, anno 2017. Mittlerweile sind viele Gebäude leer und es soll ein neues Wohnquartier entstehen. Keystone/Georgios Kefalas

Die Kritik ist nicht neu. Martin Forter wirft Basel-Stadt seit Jahren vor, Benzidin zu vernachlässigen und in früheren Jahren sogar ganz «vergessen» zu haben. Neu ist aber, dass Forter Vergleiche zwischen den Kantonen und deren Umgang mit dem krebserregenden Stoff anstellt.

Erst Jahre nach dem Kontakt mit Benzidin kann es zu Krebs kommen

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Benzidin kann beim Menschen Krebs auslösen und ist deshalb ein gefährlicher Stoff. Vor allem Blasenkrebs ist eine bekannte Folge bei Menschen, die mit Benzidin in Kontakt kamen, beispielsweise bei der Arbeit für die Chemie, meist schon Jahre vor dem Krebsausbruch. Aufgenommen werden kann der Stoff sowohl durch die Haut als auch durch Einatmen von Dampf und Staub. Benzidin wurde bis in die 1970er-Jahre vor allem bei der Produktion von Farben eingesetzt und teils bis in die 1980er-Jahre benutzt.

Dabei kommt er in seiner Studie zum Schluss, dass die Behörden im Wallis Benzidin deutlich ernster nehmen als in den beiden Basel.

Alte Fabrikhalle, leer.
Legende: Früher wurde auf dem Klybeck-Areal in den alten Fabrikhallen mit Giften gearbeitet, künftig sollen Menschen dort leben. Keystone/Georgios Kefalas

Konkret hat Forter vier Gelände von BASF und Novartis respektive Syngenta untersucht – in Basel-Stadt, Baselland und dem Wallis. In der Studie heisst es: «Der Kanton Wallis erkennt die Tragweite einer Verschmutzung durch Benzidin (...) schon 2003. Er geht bei der Erkundung und Sanierung der (Benzidin-)Altlasten auf dem Chemiegelände in Monthey systematisch und logisch nachvollziehbar vor. Der Kanton Basel-Stadt liegt am Gegenpol der Kompetenzskala.»

So habe der Kanton Wallis in Monthey zuerst eruiert, wo mit Benzidin belastete Stellen auf dem ehemaligen Produktionsgelände der Basler Chemie sein könnten und diese dann auch gefunden.

Basel kontert Kritik: Weder neu noch berechtigt

Die Basler Klybeck- und Rosental-Areale würden hingegen nur lückenhaft untersucht, teils mit veralteten Methoden, sagt Forter. Ähnlich die Vorwürfe bezüglich des Schweizerhalle-Areals in Baselland, wo man Benzidin ebenfalls vernachlässigt habe.

Die Studie der Ärztinnen und Ärzte für den Umweltschutz

Auf die Kritik des Altlastenexperten reagiert man beim Kanton Basel-Stadt verärgert. Die Kritik sei weder neu noch berechtigt, sagt Matthias Nabholz, der das kantonale Amt für Umwelt und Energie leitet. Man habe unter anderem aufgrund von Forters Kritik schon vor Jahren begonnen, an acht Orten nach Benzidin zu suchen, aber lediglich an einer Messstelle Benzidin gefunden – und auch da nur in einer sehr geringen Konzentration.

Die Messungen zeigen, dass im heutigen Zustand keine Gefährdung für Mensch oder Umwelt besteht.
Autor: Matthias Nabholz Leiter Amt für Umwelt und Energie

Diese Messungen zeigen, «dass im heutigen Zustand keine Gefährdung für Mensch und Umwelt besteht», so Nabholz. Erst, wenn der Boden aufgerissen wird, müsse man genauer hinschauen.

Sanierung sei nicht zwingend

Dass Altlasten im Boden liegen, bestreitet Nabholz nicht. Es habe «Lecks und Ereignisse gegeben, wo die Stoffe in die Umwelt kamen». Das sei vor etwa 50 bis 100 Jahren gewesen und diese seien tatsächlich noch «sehr gezielt und lokal» im Boden vorhanden, teils unter bestehenden Gebäuden. «Das kann man nicht einfach wegnehmen, da müsste man die Gebäude abbrechen und den Boden darunter bis auf den Felsen sanieren.»

Eine Sanierung ist laut Altlastenverordnung auch nicht in jedem Fall zwingend. Die Stoffe dürfen im Boden bleiben, solange sie Menschen und Umwelt nicht gefährden.

Sobald gebaut und damit der Zustand verändert wird, müssen aber Schutzmassnahmen her. Für belastete Standorte, wie das Klybeck und das Rosental, habe man für Bauarbeiten umfangreiche Konzepte entwickelt, sagt Nabholz. Und das ist schon jetzt wichtig, bevor die grossen Bauarbeiten zum neuen Quartier beginnen; für kleinere Arbeiten, die bereits stattfinden.

Regionaljournal Basel, 06.03.2023, 17:30 Uhr ; 

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