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Gletscherrückgang Für die Wasserversorgung sind mehr Stauseen nötig

Um in Zukunft auch im Sommer genügend Wasser zu haben, wird man schon sehr bald über neue Talsperren diskutieren müssen.

Darum geht es: In vielen Teilen der Schweiz ist es derzeit zu trocken – wie der Blick auf die Info-Website drought.ch zeigt. Es hat in letzter Zeit weniger geregnet als üblich, auch ist in vielen Regionen im Winter weniger Schnee gefallen als im langjährigen Durchschnitt. Und so sind zurzeit auch die Pegel der Stauseen tiefer als normalerweise. Angesichts der rapide abschmelzenden Gletscher stellt sich die Frage, ob es mittelfristig in den Alpen nicht mehr Speicherseen braucht, um genügend Wasser zur Versorgung von Bevölkerung und Landwirtschaft zur Verfügung zu haben.

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Begrenzte Kapazität: Derzeit können in den alpinen Stauseen der Schweiz maximal rund 4 Kubikkilometer Wasser gespeichert werden, wie Astrid Björnsen von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL ausführt. Sie ist Co-Leiterin des Programms «Extremes», das sich mit den Folgen der Klimaerwärmung befasst. Zum Vergleich: In den Schweizer Alpengletschern sind derzeit noch rund 46 Kubikkilometer Wasser gespeichert – doch dieses Volumen nimmt wegen der Gletscherschmelze rasant ab. So waren es im Jahr 2000 noch 75 Kubikkilometer Wasser gewesen.

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Mehr Stauseen nötig: Weil die Schweizer Flüsse wie Aare, Rhone oder Rhein von den Gletschern gespeist werden, droht ihre Abflussmenge mit der Verkleinerung der Eismassen in den Alpen immer geringer zu werden. Deshalb könnte schon in wenigen Jahrzehnten vor allem im Frühling und Sommer zu wenig Frischwasser verfügbar sein, um Industriebetriebe oder AKWs zu kühlen oder Felder zu bewässern. Deshalb: «Wir werden wohl mehr Speicherseen in den Alpen ins Auge fassen müssen», sagt Björnsen.

Bis auf den Rhone- und den Aletschgletscher werden bis Mitte des Jahrhunderts wohl alle Gletscher geschmolzen sein.
Autor: Astrid Björnsen Forscherin am WSL, Co-Leiterin des Programms «Extremes»

Stromproduktion und Wasserversorgung: Dort, wo sich die Gletscher zurückziehen, entstehen im unteren Bereich oft Gletscherseen. «Teilweise kann man diese Seen durch den geschickten Bau von Talsperren aufstauen, um das Wasser der in Zukunft fehlenden Gletscher aufzufangen», so Björnsen. Mithilfe der Speicherseen könnte sowohl mehr Strom produziert als auch die Wasserversorgung der Flüsse gesichert werden. Weiter müsse man sich überlegen, auch im Mittelland Speicherseen anzulegen. «Schon jetzt entstehen immer mehr Bewässerungsbecken für die Landwirtschaft», stellt Björnsen fest.

Es braucht Zeit und Geld: «Bis auf den Rhone- und den Aletschgletscher werden bis Mitte des Jahrhunderts wohl alle Gletscher geschmolzen sein», sagt die WSL-Wissenschaftlerin. Derzeit gelangt noch überdurchschnittlich viel Wasser von den Gletschern in die Flüsse – eben weil die Eismassen abschmelzen. Doch schon in wenigen Jahren braucht es mehr Speicherseen in den Alpen, um das Wasser zurückzuhalten, das nicht mehr in den Gletschern gespeichert wird. Das wird nicht nur viel Geld kosten, sondern auch viel Überzeugungsarbeit – vor allem in jenen Kreisen, die sich grundsätzlich gegen Eingriffe in die Natur wehren.

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SRF 4 News aktuell, 28.4.2025, 6:40 Uhr ; 

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