Schon seit Urzeiten ranken sich Geschichten um den Gotthard und den gleichnamigen Pass über die Alpen. Erinnert sei nur an die Teufelsbrücke in der Schöllenenschlucht, die einst als unüberwindbar galt. Hinzu kommen technische Meisterleistungen wie der Bau des ersten Eisenbahntunnels.
Réduit und Tor zum Süden
Als Symbol für das Zentrum und die Identität der Schweiz wird der Gotthard im 19. Jahrhundert populär gemacht - mit dem Ziel, auch das Nationalverständnis des jungen Bundesstaates zu fördern.
Die Idee des Réduits - und die konkreten Bunkerbauten - verknüpfte die Landesverteidigung mit dem Gotthard. Noch vor dem Zweiten Weltkriet war das Massiv zur scheinbar uneinnehmbaren Festung ausgebaut - blieb aber gleichzeitig stets auch das «Tor zum Süden».
Mit diesen Themen befasst sich der Literatur- und Kulturwissenschafter Boris Previsic. «Der Gotthard-Scheiteltunnel hat sich gut geeignet zum Aufbau des Mythos Gotthard», sagt Previsic in der Livesendung des Regionaljournals Zentralschweiz aus Erstfeld.
Verschiedene Länder hätten im 19. Jahrhundert einen Nationalmythos gebraucht, sagt Previsic. Die Pioniertat Scheiteltunnel habe sich für die Schweiz geradezu angeboten. Und auch für die geistige Landesverteidigung während des 2. Weltkriegs habe sich der Gotthard gut geeignet. Der Reduit-Gedanke habe sich mit dem Mythos Gotthard gut untermauern lassen.
Previsic hat eine Förderprofessur an der Universität Luzern inne und ist Herausgeber des Buchs «Gotthardfantasien». Darin fasst er wissenschaftliche, aber auch literarische Beiträge zum Gotthard zusammen. Unter anderem finden sich darin auch eigens verfasste Texte von Schriftstellerinnen und Schriftstellern.