Darum geht's: Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates (APK) zeigt sich «äusserst besorgt» über die zunehmenden Kampfhandlungen im syrischen Bürgerkrieg und deren dramatische humanitäre Folgen. Sie hat deshalb die Erklärung «Stopp der Kriegsverbrechen in Syrien» formuliert. Der Nationalrat verabschiedet die Erklärung mit 116 zu 57 Stimmen bei 13 Enthaltungen.
Das verlangt der Nationalrat: In seiner Erklärung fordert der Nationalrat alle Beteiligten auf, «die völkerrechtswidrige militärische Intervention in Gebieten Syriens sofort zu beenden» und ihre Truppen aus Syrien abzuziehen.
Zudem verurteilt er die im Syrienkonflikt verübten Gräueltaten und zahlreichen Verstösse gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht. Der Appell richte sich an alle Konfliktparteien gleichermassen.
Den Bundesrat fordert der Nationalrat auf, alles in der Macht der Schweiz stehende zu unternehmen, um in der UNO die erneute Ausrufung eines sofortigen Waffenstillstandes in Syrien zu erreichen und unter Beizug aller Konfliktparteien einschliesslich der Kurden einen Friedensprozess einzuleiten.
Die Erklärung bezieht sich auf die Resolution des UNO-Sicherheitsrates vom 24. Februar, die alle Kriegsparteien zu einem sofortigen Waffenstillstand aufruft.
Mehrheit will nicht schweigen: Das Elend der Zivilbevölkerung in Syrien sei enorm, bilanzierte Kommissionssprecherin Claudia Friedl (SP/SG) und fragte: «Kann man da wirklich schweigen?» Die Erklärung berufe sich auf die humanitäre Tradition der Schweiz und sei ein Zeichen der Solidarität des Schweizer Parlaments an die Zivilbevölkerung in Syrien.
Wer schweigt, macht sich an Gräueltaten mitschuldig.
Die Erklärung fand im Rat eine breite Unterstützung: SP, Grüne, GLP, CVP, BDP und FDP sprachen sich geschlossen für die Erklärung aus. Die Gewalt zu beenden, sei eine moralische Pflicht.
«Wir wissen, dass die Erklärung Symbolcharakter hat», sagte Hans-Peter Portmann (FDP/ZH). Aber es gehe um mehr als blosse Worte. Die menschlichen Folgen des Syrienkriegs seien eine Schande für die internationale Gemeinschaft. «Wer schweigt, macht sich an Gräueltaten mitschuldig», so Portmann.
Je lauter es draussen tobt, desto stiller sollten wir Schweizer sein.
Die Frage der Neutralität: Bedenken – vor allem aus neutralitätspolitischer Sicht – kamen von Seiten der SVP. Neutralität bedeute auch Zurückhaltung, Selbstbeherrschung und vor allem Verzicht auf Geschwätzigkeit und Wichtigtuerei, sagte Roger Köppel (SVP/ZH). «Je lauter es draussen tobt, desto stiller sollten wir Schweizer sein.»
Die Neutralität sei ein zentrales Wesensmerkmal der Schweiz und eine unverzichtbare Sicherheitsgarantie, so Köppel. Der Nationalrat warnte zudem mit Blick auf andere Kriege vor einem Präzedenzfall. Das Tagesgeschäft in der Aussenpolitik sei Sache des Bundesrates und nicht des Parlaments.
Das sagt der Bundesrat: Aussenminister Ignazio Cassis verzichtete darauf, dem Rat eine Stimmempfehlung zu erteilen. Egal, wie der Rat entscheide – die Diskussion bestätige den Kurs, den der Bundesrat bereits eingeschlagen habe. Die Schweiz werde sich weiterhin für einen Friedensdialog in Genf einsetzen, für humanitäre Hilfe vor Ort und für eine Verurteilung von Menschen- und Völkerrechtsverletzungen.
Der Syrienkonflikt ist das grosse moralische Versagen unserer Zeit.
Cassis bezeichnete den Syrienkonflikt als «das grosse moralische Versagen unserer Zeit». Syrien sei aber nicht der einzige schwere und folgenreiche Konflikt auf der Welt oder in der Region. Viele der heutigen Konflikte seien sehr komplex und dauerten deshalb immer länger.