Für Vera Weber ist das Grandhotel Giessbach oberhalb des Brienzersees (BE) nicht einfach nur ein Arbeitsplatz – es ist Heimat. Ihre Mutter war bei der Hotelsanierung in den 80er-Jahren stark eingebunden, als Kind verbrachte sie fast jedes Wochenende dort.
Heute ist Vera Weber Direktorin «ad interim» des historischen Hauses, das ihre Eltern einst vor dem Abriss retteten. Es ist ein Ort voller Erinnerungen: «Ich bin hier zu Hause.» Sie betont, dass sie das Hotel nur vorübergehend führe. Sobald eine geeignete Person gefunden ist, will sie das Amt abgeben. Denn ihre wahre Leidenschaft liegt ausserhalb des Hotels.
Energie aus dem Kampf
Vera Weber ist Tierschützerin, Naturschützerin, Kämpferin. «Ich kann nicht anders», sagt die 50-Jährige. «Es ist keine Rolle, keine Pflicht – es ist eine innere Überzeugung.» Seit über zwei Jahrzehnten engagiert sie sich bei der Fondation Franz Weber, heute als Präsidentin. Die Stiftung ist unter anderem verantwortlich für die Zweitwohnungsinitiative.
Wut über Ungerechtigkeit ist eine Kraftquelle.
Der Schutz von Landschaften, das Verhindern von Tierleid – das gibt ihr Energie. «Auch Wut über Ungerechtigkeit ist eine Kraftquelle», erklärt sie. So kämpfte sie zehn Jahre lang gegen das Ozeanium des Basler Zoos – ein Aquarium mit Meerestieren. Am Ende sagte die Bevölkerung an der Urne Nein. «Ein Erfolg, den wir als Team erreicht haben.»
Vera Weber arbeitet nie allein: «Ich sage immer ‹wir›, weil ich mit einem grossartigen Team arbeite. Nur gemeinsam können wir etwas bewegen.» Der Teamgeist schützt – auch vor der Härte, die mit dem Aktivismus einhergeht.
Anfeindungen gehören zu Webers Alltag. «Ich habe viele Feinde – das ist so, wenn man für etwas einsteht.» Ob politische Gegner oder Robbenjäger, die sie in Kanada sogar tätlich bedrohten – sie hat gelernt, sich zu schützen. «Ich habe meinen Panzer und zum Glück ist die Unterstützung grösser als der Hass.»
Oft allein – auch politisch
2024 fiel Vera Weber mit ihrer Stiftung auf, als sie gegen das Stromgesetz kämpfte – praktisch allein. Sie konnte nicht auf die Unterstützung grosser Umweltverbände zählen. Schlussendlich nahm das Stimmvolk das neue Gesetz, welches erneuerbare Energien fördern will, deutlich an.
Schon als Kind war sie Aussenseiterin. Zu ihrem neunten Geburtstagsfest kam kein einziges Gspänli – der Name «Weber» war vielen Eltern zu unbequem, die Umweltschützer zu unbeliebt. «Heute nehme ich das mit Humor, aber damals war es schmerzhaft.» Ihre Eltern prägten sie tief. Die Mutter vermittelte ihr Ruhe und Perfektion, der Vater Leidenschaft und Kreativität.
Tage mit 25 Stunden
Doch längst hat sie sich einen eigenen Namen gemacht. Sie hat Abstimmungen gewonnen, Projekte verhindert, Naturräume gerettet. Und sie weiss: Das geht nur mit ganzer Hingabe. «Mein Tag hat 25 Stunden und die Woche acht Tage.» Freizeit? Selten. Familie? «Ich hatte nie den Kinderwunsch», sagt sie offen. Freundschaften? «Wer damit umgehen kann, dass ich wenig Zeit habe, bekommt sehr viel von mir zurück.»
Dank Fantasy-Büchern kann ich in eine andere Welt eintauchen – in eine bessere.
Was bleibt, ist der Wunsch nach Ruhe – irgendwann. «Ich hoffe, ich kann mal ein paar Monate in einem Dschungel in Mexiko verbringen – einfach Natur geniessen.» Bis dahin bleibt sie aktiv. Und wenn sie mal müde wird? «Ich schlafe sofort ein», sagt sie lächelnd. Und manchmal bleibt sogar noch Zeit für ein paar Seiten Fantasy-Literatur. «Ich liebe diese Art von Büchern, dank ihnen kann ich in eine andere Welt eintauchen – in eine etwas bessere.»