In die Ferien fuhr Martin Frei schon seit vielen Jahren nicht mehr. Das kann sich der Biologie kaum leisten: Wer kümmert sich dann um seine Beeren?
Frei hat nämlich hunderte Stöcke mit verschiedenen Beeren. Sein Augenmerk liegt auf alten Sorten, also auf Beeren, die es heute kaum mehr gibt – weisse Erdbeeren zum Beispiel oder schwarze Himbeeren.
Oder eine ganz besonders interessante Johannisbeere. Frei nimmt eine von ihnen und sagt stolz: «Das ist eine Rote Holländische und sie ist auf alten Kirchengemälden zu sehen.» Die Rote Holländische habe spezielle «schmal-zipflige» Blätter, die man gut auf Bildern erkennen könne. «Diese Beeren sieht man bereits auf Bildern aus dem 16. Jahrhundert.» Es ist die wohl älteste Beerensorte in seiner Sammlung und auch die älteste Johannisbeere, die die Organisation «Pro Specie Rara» kennt.
Begonnen hat es als Ferienjob
600 Beerensorten sind es mittlerweile, die Frei in den vergangenen 25 Jahren in seinem Beerengarten in Riehen bei Basel kultiviert hat. Er hat damit die grösste Beerensammlung der Schweiz. Darauf aufmerksam geworden sind auch der Bund und «Pro Specie Rara», die Frei unterstützen. Laut der Organisation ist der Garten in Riehen «eine einzigartige Sammlung».
Angefangen hat Martin Freis Begeisterung für Beeren, als er noch studierte. Damals hatte er einen Studentenjob und half, in einem Garten alte Beerensorten anzupflanzen.
Die Begeisterung für spezielle Beerensorten schlummert seither in ihm. Als er Jahre nach dem Studentenjob erfuhr, dass jemand eine Sammlung mit alten Beerenstöcken auflöst, wurde er hellhörig. «Wir fuhren hin und assen uns durch die Beeren.» Später durfte er die Stöcke ausgraben und bei sich pflanzen. 50 Sorten Stachelbeeren pflanzte er – und legte damit den Grundstein für seine eigene Sammlung.
Kaum Literatur zu alten Sorten
Die alten Beerensorten und der Beerengarten in Riehen waren während vieler Jahre vor allem bei älteren Menschen beliebt, erzählt Frei. Das habe sich aber geändert: «Jetzt ist das Publikum durchmischt. Es kommen auch junge Menschen.» Und unter den Besucherinnen und Besuchern habe es auch Forscherinnen und Edelköche. «Es gibt kaum Literatur über alte Beerensorten.» In seinen Garten kämen deshalb auch all jene, die mehr über alte Sorten erfahren wollten.
Allerdings ist der Zugang zu Beeren längst nicht nur intellektueller Natur, auch nicht bei Wissenschaftlerinnen und Forschern: Viele Menschen kommen und tun das, was Martin Frei selbst vor 25 Jahren im Beerengarten tat: Sie essen sich querbeet durch alle Beerensorten.