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Grossanlässe in Corona-Zeiten «Eine Katastrophe» – Sport- und Eventbranche bangt um Existenz

Nicht mehr als 1000 Zuschauer pro Event: Hält das bundesrätliche Verbot an, droht nicht nur Fussballklubs das Aus.

Die Swiss Football League (SFL) zeichnet ein düsteres Bild vom finanziellen Zustand der Fussballklubs in der höchsten Spielklasse. So sagt CEO Claudius Schäfer: «Ein Zustand mit 1000 Personen, wie wir ihn im Moment haben? Das geht nicht mehr lange.»

Einige Klubs müssten bei diesem Szenario Konkurs anmelden, warnt Schäfer. Denn die Zuschauereinnahmen machten zwischen 35 und 75 Prozent der Einkünfte aus, so Schäfer. Spiele mit gerade einmal 1000 Fans seien für die Vereine defizitär.

Für die neue Saison ab Mitte September soll deshalb die Personenbegrenzung für Stadien aufgehoben werden. Mit einem strengen Schutzkonzept will die Liga dafür sorgen, dass solche Spiele nicht zu Infektionsherden werden.

«Das Konzept sieht eine generelle Maskenpflicht im Stadion vor. Sicher werden wir keine Gästefans in den Gästesektoren zulassen und auch die Stehplatz-Tribünen bleiben leider geschlossen», sagt Liga-Chef Schäfer und ist überzeugt, so die Stadien wenigstens zur Hälfte auslasten zu können.

Das würde dem Tod der Branche gleichkommen.
Autor: Stefan Breitenmoser Branchenverband der Konzert- und Eventveranstalter

Auch die Konzert- und Eventveranstalter wünschen sich, dass ab September wieder Grossveranstaltungen zugelassen werden. Allerdings kursieren in verschiedenen Medien Szenarien, wonach das Verbot gar bis im Frühling 2021 verlängert werden könnte.

Veranstalter wollen Gleichbehandlung

Stefan Breitenmoser, Geschäftsführer des Branchenverbandes der Konzert- und Eventveranstalter, sagt, eine sechsmonatige Verlängerung wäre der Worst Case: «Das würde dem Tod der Branche gleichkommen. Ohne zusätzliche Unterstützungsmassnahmen würden viele Veranstalter und angeschlossene Dienstleister diese lange Zeit nicht überleben.»

Wenig hält Breitenmoser auch davon, dass künftig für Grossanlässe eine Bewilligung nötig wäre, worüber jeweils die entsprechenden Kantone entscheiden würden.

Stellen Sie sich vor, ein Shakira-Konzert könnte in der St. Jakobshalle stattfinden, nicht aber im Hallenstadion Zürich.
Autor: Thomas Kastel CEO der St. Jakobshalle

Auch bei der Basler St. Jakobshalle – eine der grössten Eventhallen der Schweiz – hofft man auf eine nationale Lösung, wie Direktor Thomas Kastel sagt: «Stellen Sie sich vor, ein Shakira-Konzert könnte in der St. Jakobshalle stattfinden, nicht aber im Hallenstadion Zürich. Das würde der Ticketkäufer nicht nachvollziehen können.»

Zudem würde das für eine Ungleichbehandlung der Standorte führen. Beim Branchenverband der Konzert- und Eventveranstalter ist man sich bewusst, dass der Bundesrat kaum in einem Monat alle Grossveranstaltungen ohne Einschränkungen zulässt.

Breitenmoser plädiert deshalb für eine differenzierte Lockerung und verschiedene Schutzkonzepte: «Eine Veranstaltung in einem Tanzlokal ist nicht gleichzusetzen mit einer Comedy-Show mit nummerierten Sitzplätzen. Es müssen aus unserer Sicht unterschiedliche Massnahmen gelten.»

Bundesrat steht unter Druck

Mit anderen Worten: Anlässe mit sitzenden Gästen könnten vielleicht früher bewilligt werden, Grosskonzerte im Hallenstadion etwa müssten noch etwas warten. Kommt hinzu, dass aufgrund von den weltweit geltenden Einreisebeschränkungen und Auflagen internationale Stars in den nächsten Monaten kaum Tourneen nach Europa planen.

Aber Schweizer Musiker, Comedians oder Schauspieler wären durchaus kurzfristig bereit, wieder Säle zu füllen, ist die Konzert- und Unterhaltungsbranche überzeugt. Der Bundesrat wird voraussichtlich an seiner ersten Sitzung nach den Sommerferien – in gut zwei Wochen – über die Aufhebung der 1000-Personen-Regel diskutieren. Der Druck auf ihn dürfte bis dann kaum abnehmen.

Echo der Zeit vom 29.7.2020, 18 Uhr

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