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Güterzüge passieren Tunnel Gotthard: «Es ist eine gewisse Normalisierung eingetroffen»

Nach der Entgleisung vor rund zwei Wochen sind seit Mitternacht die ersten Güterzüge durch den Gotthard-Basistunnel gefahren. Bis 16 Uhr am Mittwochnachmittag waren es schon 45 Züge, die reibungslos die Oströhre durchquerten, 30 weitere sollen bis zum Abend folgen. SBB-Mediensprecher Reto Schärli über den Stand der Dinge und darüber, warum die SBB bei den Passagier-Entschädigungen nicht mitreden kann.

Reto Schärli

SBB-Sprecher

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Reto Schärli leitet seit Mai 2021 die Medienstelle der SBB. Davor war er deren stellvertretender Leiter. Der ehemalige Journalist wechselte 2011 von «Radio 24» zur SBB.

SRF News: Die Güterverkehrsbranche hat Anfang Woche verlangt, dass die Kapazitäten sichergestellt werden. Können Sie das gewährleisten?

Reto Schärli: Indessen können 100 Züge pro Tag durch den Tunnel fahren, plus 30 Züge über die Panoramastrecke. Dies sollte reichen, nehmen wir die Zahlen vom letzten Herbst. Damals fuhren 120 Güterzüge durch den Tunnel.

Güterzug in Gotthard-Tunnel entgleist

Ist durch die Wiedereröffnung des Tunnels für den Güterverkehr eine Entspannung eingetroffen?

Ja. Verschiedene Unternehmen haben sich zwischenzeitlich mit anderen Transportmitteln behelfen müssen. Nun tritt eine gewisse Normalisierung ein, an gewissen Spitzentagen wird es weiterhin zu Engpässen kommen. Umleitungen werden weiterhin nötig sein.

Die Personenzüge fahren nach wie vor über die Bergstrecke. Pro Bahn fordert eine Entschädigung für die Reisenden. Kommt die SBB den Kunden hier entgegen?

Ob es Ausnahmen vom Tarif gibt, müsste die Tariforganisation, die ÖV-Branche, entscheiden. Diese Frage kann die SBB nicht beantworten. Generelle Preisreduktionen sind nicht vorgesehen, so wie wir das kommuniziert haben. Dies gilt auch für andere Baustellen. Wir haben beispielsweise während acht Monaten längere Reisezeiten im Rheintal, auch dort gelten die üblichen Bedingungen. Zudem gilt es zu betonen: Als der neue Gotthard-Tunnel eröffnet wurde, gab es keine Preiserhöhungen bei den Tickets, obwohl man viel schneller im Tessin war.

Kann es sein, dass vor der Eröffnung der Weströhre die Oströhre erneut für Personenzüge genutzt wird?

Dies wird aktuell gerade geprüft, es bräuchte ein neues Evakuierungs- und Sicherheitskonzept. Klar ist, dass das Ganze für das Wochenende angedacht wäre, damit der Güterverkehr unter der Woche nicht eingeschränkt wird.

Wer haftet für Unfälle?

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Tunnelarbeiten.
Legende: Mitarbeiter demontieren das mobilie Spurwechseltor im Gotthard-Basistunnel. Keystone/SBB

Der Unfall im Gotthardtunnel ist Teil einer ganzen Reihe von Unfällen mit Güterzügen. Das zeigen Recherchen des Konsumentenmagazins «K-Tipp».

Ein zentrales Problem ist, dass im Güterverkehr sehr viele Akteure involviert sind. Das lässt sich am Beispiel des Unfallzuges vom Gotthard zeigen.

  • Die Wagen des Zugs gehören einzelnen Wagenhaltern, hier wohl auch ausländischen.
  • Den ganzen Zug betreibt ein Bahnunternehmen, hier SBB Cargo.
  • Für die Gleise, die Fahrleitungen und die Tunnelinfrastruktur ist die SBB zuständig.

Wer muss also am Ende für die Schäden bezahlen? «Wenn sich ein Zugunglück ereignet, haftet in erster Linie das Eisenbahnunternehmen, das den Zug betreibt», erklärt Frédéric Krauskopf, Professor für Privatrecht an der Universität Bern.

Damit wäre also SBB Cargo zuallererst in der Pflicht.

Doch die aktuelle Gesetzeslage begünstigt das nicht: In einem Bericht schreibt der Bundesrat, das Gesetz schaffe derzeit «falsche Anreize dadurch, dass der Halter das finanzielle Risiko nur teilweise tragen muss», und mahnt beim Parlament Verbesserungen an.

Wie geht es mit den Reparaturen weiter?

Die Aufräumarbeiten laufen unter Hochdruck. Es ist sehr aufwendig, die beschädigten Wagen zu bergen, nach wie vor ist die Mehrzahl der 16 entgleisten Wagen im Tunnel. Ein Teil der Wagen wurde derart stark zerstört, dass sie innerhalb des Tunnels zerlegt werden müssen, bevor man sie aus dem Tunnel hinausbefördern kann. Parallel dazu plant die SBB die Reparaturarbeiten, es wird sehr viel zu ersetzen geben, viele Anlagen wurden beschädigt. Das Ganze wird mehrere Monate dauern.

Was geschieht mit den Güterzügen, welche aktuell nicht fahren können?

Ein grosser Teil des Binnengüterverkehrs konnte über die Bergstrecke abgewickelt werden. Einschränkungen gab es vor allem im Transitverkehr oder auch im kombinierten Verkehr im Inland. Diese Waren mussten teilweise auf die Strasse ausweichen oder andere Routen benutzen wie den Lötschberg-Simplon-Tunnel.

Das Gespräch führte Matthias Rusch.

Tagesschau, 23.08.2023, 12:45 Uhr ; 

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