«Gefühlt ist jeder weltweit zu einem Handwerker geworden», erzählt Michel Imseng, Werksleiter der Firma Scintilla im Walliser Bergdorf St. Niklaus. Die Bosch-Tochterfirma stellt Zubehör für Elektrowerkzeug her und schickt dieses in die ganze Welt. Weil die Nachfrage nach Werkzeugen gestiegen ist, hat Scintilla die Produktion gesteigert. Hundert temporäre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden im letzten Monat eingestellt.
Bereits vor Corona sei das Geschäft gewachsen, so Imseng. Während des Shutdowns im Frühling musste die Fabrik zwar mehrere Tage lang schliessen, weil die Nachfrage wegen geschlossener Baumärkte gesunken war. Das änderte sich aber rasch. «Jetzt erleben wir einen extremen Boom. Dieser hat letzten Sommer angefangen», erzählt der Werksleiter. Vor allem dank Hobby-Handwerkerinnen und -Handwerkern, die während Corona mehr Zeit zu Hause verbracht und sich selbst verwirklicht hätten.
Jetzt erleben wir einen extremen Boom.
Im Sekundentakt spucken die Maschinen neue Sägeblätter aus. 24 Stunden, sieben Tage die Woche läuft der Betrieb. In normalen Zeiten produziert die Firma eine Million Elektrowerkzeug-Teile pro Tag. Nun stellen die mittlerweile 800 Mitarbeitenden 1.3 Millionen Stück her.
Vom Hotel in die Fabrik
Zu den neuen hundert temporären Angestellten gehört auch Dörte Bressling. Sie war zuvor in einem Zermatter Hotel angestellt, wo sie wegen Corona Kurzarbeit machen musste. Nun in der Produktion arbeiten zu können sei wichtig, um nicht nur zu Hause herumzusitzen, sagt Bressling. «Und natürlich auch 100 Prozent Lohn zu erhalten. Weil wenn man anderthalb Jahre lang nur von 80 Prozent lebt, wird es irgendwann etwas eng.»
Es gibt viele einfache Arbeitsplätze, bei denen wir die Leute einsetzen können.
Scintilla habe davon profitiert, dass viele Leute aus dem Gastgewerbe Arbeit gesucht hätten, sagt Werksleiter Michel Imseng: «Es gibt viele einfache Arbeitsplätze, bei denen wir die Leute einsetzen können.»
Fachkräfte gesucht
Bei komplexen Prozesse und Anlagen würden sie aber Fachpersonal benötigen, das laufend rekrutiert wird. Bis zu dreissig zusätzliche Fachkräfte fehlen – vor allem Ingenieure und spezialisierte Mechanikerinnen. Gesucht werden sie auf der ganzen Welt. Bei Scintilla arbeiten Leute aus 26 Nationen.
Neben Angestellten benötigt Scintilla auch mehr Platz und mehr Maschinen. Dabei hatte das Unternehmen Glück. Weil Scintilla seit Jahren wächst, wurde vor anderthalb Jahren ein neues Gebäude eingeweiht. Nur so habe man die Produktion steigern können, sagt Imseng: «Ohne das Gebäude wäre es extrem schwierig oder gar unmöglich gewesen.» Die neue Halle ist bereits fast voll.
Weil die Bosch-Tochter noch weiter wachsen will, erhalten die temporären Angestellten wie Dörte Bressling eine Gelegenheit, zu bleiben. Sie will definitiv von der Hotellerie in die Industrie wechseln: «Ich arbeite nun seit drei Monaten in der Produktion und habe die Möglichkeit erhalten, mich im Logistik-Bereich zu verwirklichen.»
Arbeit werde es für Bressling genug geben, ist Werksleiter Michel Imseng überzeugt. Und wie geht es nach der Pandemie weiter? «Wir werden sicher nicht auf diesem hohen Niveau weiter wachsen», sagt Imseng. Er rechnet aber damit, dass Scintilla den aktuellen Produktionsstandard halten kann. Und die neuen Arbeitsplätze weiterbestehen.