Die CVP-Volksinitiative gegen die Heiratsstrafe ist ganz knapp gescheitert. Nach einem spannenden Auszählungsmarathon gaben die Kantone Zürich, Bern, Waadt und Genf den Ausschlag zum Nein mit 50,84 Prozent. Das Ständemehr hätte die Initiative erreicht.
Städtisch dominierte Kantone geben Ausschlag
Die anderen eidgenössischen Vorlagen
Deutlich Nein sagten die städtisch dominierten Kantone Genf, Basel und Zürich. Auch aus den Kantonen Bern und Waadt kam ein deutliches Nein. Sie verwandelten das Ja zur Initiative, das lange vorherrschte, zum Schluss noch in ein Nein. Im Baselbiet, in Graubünden und im Kanton Appenzell Ausserrhoden fiel das Nein hauchdünn aus und lag nur knapp über 50 Prozent.
Genauso hauchdünn fielen die Ja-Mehrheiten der Kantone Uri und Luzern aus. Am deutlichsten – mit über 60 Prozent – befürworteten die Jurassierinnen und Jurassier die Abschaffung der Heiratsstrafe.
Gab Ehedefinition den Ausschlag?
Eine Bürde dürfte gemäss dem Politologen Claude Longchamp die Ehedefinition gewesen sein: Bei einem Ja wäre die Ehe in der Bundesverfassung definiert worden als «auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau». Dies lief aus Sicht der Gegner den Bestrebungen zuwider, die Ehe für Homosexuelle zu öffnen.
CVP-Ständerat Pirmin Bischof spricht von einem Erfolg für seine Partei, trotz der Ablehnung. Wenn eine 13-Prozent-Partei eine derart hohe Zustimmung erhalte, sei dies ein Erfolg
Dass die Beschränkung der Ehedefinition auf Mann und Frau, die Initiative zu Fall brachte, glaubt er jedoch nicht. Diese Frage habe bestimmt in beiden Lagern mobilisiert. Sollte aber der Fall sein, dass die Idas Volk Heiratsstrafe wolle: «Ich erwarte vom Bundesrat nun eine Vorlage, die die Heiratsstrafe abschafft.»
FDP-Nationalrat Hanspeter Portmann war die Ehedefinition nur ein Teil, der die Gegner mobilisierte. Hinzu kämen die hohen Steuerausfälle, welche «von 73 Prozent der Bevölkerung» getragen werden müssten.
Dennoch spricht er sich dafür aus, dass kurzfristig eine Lösung für die 80'000 steuerlich benachteiligten Ehepaare gefunden werden könne. Mit einem Steuerabzug bei der direkten Bundessteuer. Langfristig sei die Individualbesteuerung «aber das einzige System, welches der heutigen Lebensrealität gerecht wird».
Auch Bundesrat Finanzdepartements-Vorsteher Ueli Maurer bekräftigt, dass der Bundesrat einen Anlauf zur Reform der Ehepaar-Besteuerung nehmen wird. In welche Richtung diese aber gehen wird, sagte er nicht. Der Bundesrat habe immer betont, dass es Handlungsbedarf gebe, sagte Maurer. Der Bund stehe unverändert in der Pflicht, eine verfassungskonforme Ehepaar-Besteuerung zu erwirken. Er werde nun die Arbeiten an die Hand nehmen und dabei das Ergebnis der Abstimmung berücksichtigen.