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Hoffnung auf mehr Kapitäninnen Schweizer Rheinhäfen legen sich modernen Schifffahrt-Simulator zu

Die Binnenschifffahrt kämpft mit Personalmangel. Nun setzen die Schweizer Rheinhäfen auf moderne Ausbildung: In Birsfelden bei Basel ist erstmals ein Schifffahrt-Simulator im Einsatz.

Wer ein grösseres Schiff in Basel auf dem Rhein navigieren will, muss viel können. Enge Kurve, tiefe Brücken, Pfeiler – das will geübt sein. Neu ist dies in einem unscheinbaren, kleinen Gebäude in Birsfelden BL möglich. Im Simulator lässt sich erleben, was sonst meist nur mitten auf dem Rhein möglich ist: Das Steuern eines grossen Frachtschiffs.

Es ist wirklich verblüffend, wie realitätsnah das Ganze abläuft.
Autor: Lukas Sibler Sicherheitsmanagement bei den Schweizer Rheinhäfen

Fünf grosse Bildschirme gehören zum neuem Schifffahrt-Simulator der Schweizer Rheinhäfen, dazu realitätsgetreue Steuerelemente und täuschend echte Szenerien. Virtuell lassen sich die Basler Stadtbrücken passieren, Manöver um Bojen üben – und das auch bei strömenden Regen oder starker Strömung.

Ein Mann steuert den Simulator durchs virtuelle Basel.
Legende: Der neue Simulator hilft bei der Ausbildung für die anspruchsvolle Basler Stadtstrecke mit enger Kurve und der niedrigen Mittleren Brücke. zvg

«Es ist wirklich verblüffend, wie realitätsnah das Ganze abläuft», sagt Lukas Sibler, stellvertretender Bereichsleiter für Qualitäts- und Sicherheitsmanagement bei den Schweizer Rheinhäfen. Was auf den ersten Blick wie ein Videospiel wirkt, entspricht in Wirklichkeit ziemlich genau dem Alltag auf dem Wasser.

Antwort auf akuten Fachkräftemangel

Hintergrund für die Investition von 400’000 Franken ist ein akuter Mangel an qualifiziertem Schifffahrtspersonal. Heute ist das Personal auf dem Rhein zu einem Drittel über 55 Jahre alt und wird so in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. «Wir müssen in Europa in den nächsten Jahren mehrere tausend Kapitäne ersetzen», warnt Florian Röthlingshöfer, Direktor der Schweizer Rheinhäfen.

Derzeit absolvierten zwar 42 Frauen und Männer die anspruchsvolle dreieinhalbjährige Kapitänslehre – doch das reicht nicht.

Wir müssen in Europa in den nächsten Jahren mehrere tausend Kapitäne ersetzen.
Autor: Florian Röthlingshöfer Direktor der Schweizer Rheinhäfen

Der neue Simulator soll primär Prüfungen ermöglichen, denn seit letztem Jahr ist neben einer theoretischen auch eine praktische Prüfung für den Beruf vorgeschrieben. Bisher musste man bloss ausreichend Fahrstunden nachweisen. Die praktische Prüfung kann unter anderem auf Simulatoren absolviert werden.

Bisher waren europaweit nur vier solcher Simulatoren im Einsatz, je einer in Deutschland, in Frankreich, in den Niederlanden und in Tschechien. Mit den neuen Vorgaben und mehr Prüfungen drohte ein Engpass.

Basler Rheinstrecke als besondere Herausforderung

Eine der Prüfungen, die man auf dem neuen Simulator absolvieren kann, ist jene für die Basler Stadtstrecke. Das ist ein komplexer Abschnitt mit einer engen Kurve just bei der niedrigen Mittleren Brücke mit ihren Sandstein-Pfeilern.

Wer dort fahren will, muss dafür die zusätzliche Prüfung abgelegt haben oder sonst einen Lotsen an Bord nehmen. «Die Strömungsgeschwindigkeit ist sehr hoch. Die Fahrt unter der Brücke braucht sehr viel Erfahrung», erklärt Sibler. Genau diese Erfahrung kann nun gefahrlos im Trockenen im Simulator gesammelt werden.

Ein Frachtschiff auf dem Rhein bei Basel.
Legende: Die Binnenschifffahrt steht unter Druck: Fachkräftemangel und neue Prüfungsanforderungen stellen Reedereien vor grosse Herausforderungen. KEYSTONE / GEORGIOS KEFALAS

Dass sich die 400’000 Franken Investition über Prüfungsgebühren allein nicht refinanzieren lassen, ist den Rheinhäfen bewusst. Einnahmen erhofft sich die Schweizer Rheinschifffahrt durch die Vermietung des Simulators zum Beispiel an Reedereien für Schulungen.

Der Simulator in Birsfelden ist nicht nur für Ausbildung und Prüfungen zukunftsweisend. Auch in der Schifffahrt werde Digitalisierung immer wichtiger, erklärt Röthlingshöfer. Und dereinst würden Schiffe wohl auch ferngesteuert, vom Land aus per Bildschirm. Bis dann würden allerdings noch mindestens 20 Jahre verstreichen.

Regionaljournal Basel, 27.5.2025, 17:30 Uhr ; 

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