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Homosexuelle Paare Run auf die Ehe für alle nur in den Städten

Während in den Städten viele Anfragen für Eheschliessungen bei den Zivilstandesämtern eingehen, bleibt der Andrang in ländlicheren Gebieten klein.

Das Zivilstandesamt der Stadt Zürich hat seit dem 1. Juli reichlich zu tun: 250 gleichgeschlechtliche Paare haben dort bereits einen Termin reserviert, um sich trauen zu lassen oder ihre eingetragene Partnerschaften in eine Ehe zu überführen.

Für die ersten zwei Paare geht schon am ersten möglichen Tag der Ehewunsch in Erfüllung. Roland Peterhans vom Stadtzürcher Zivilstandesamt sagt: «Am 1. Juli geht's wirklich richtig los: Wir haben zwei gleichgeschlechtliche Trauungen, und vor allem haben wir 24 Umwandlungen von Partnerschaften in Ehen.» Und auch in den Städten Basel, Bern oder Winterthur ist der Andrang recht gross.

Andrang auf dem Land ist klein

Anders sieht es in ländlicheren Gebieten aus: Im Kanton Appenzell Innerrhoden hat sich bislang kein einziges gleichgeschlechtliches Paar gemeldet, das eine Ehe schliessen will. Im Kanton Nidwalden sind es für diesen Monat immerhin sechs Paare. Der 1. Juli löst hier keinen grossen Andrang aus.

Ich habe schon viele schöne, positive Erfahrungen mit gleichgeschlechtlichen Paaren gemacht, die alle immer sehr glücklich sind.
Autor: Roland Peterhans Zivilstandsbeamter

Das grösste Interesse besteht gemäss den Zahlen daran, dass Paare ihre eingetragene Partnerschaft in eine echte Ehe umwandeln wollen – weil dies auch rechtliche Vorteile bringt: Mit dem Gang zum Standesamt erhalten homosexuelle Paare das Recht, gemeinsam Kinder zu adoptieren. Die Ehe bietet ihnen auch Zugang zur erleichterten Einbürgerung. Für lesbische Paare wird ausserdem die Samenspende ermöglicht.

Nicht nur rechtliche Aspekte

Aber auch die Gefühle spielten eine wichtige Rolle, sagt Peterhans. Deshalb hilft der Zürcher Zivilstandesbeamte auch gerne gleichgeschlechtlichen Paaren dabei, die Hochzeitsglocken läuten zu lassen: «Ich habe schon viele schöne, positive Erfahrungen mit gleichgeschlechtlichen Paaren gemacht, die alle immer sehr glücklich sind, wenn sie das machen können.»

Peterhans denkt, dass dieser Tag, an dem endlich die Ehe geschlossen werden kann, ein vergleichbares Highlight werden dürfte. Vor allem in den Schweizer Städten dürften ab Freitag feiernde gleichgeschlechtliche Paare anzutreffen sein. Gut möglich zudem, dass homosexuelle Paare bald auch in den ländlichen Kantonen die Ehe für sich entdecken.

«Ehe für alle» – auch eine Frage des Timings

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«Der 1. Juli ist für mich ein grosser Freudentag», sagt Alessandra Widmer, Co-Geschäftsleiterin der Lesbenorganisation Schweiz. «Wir feiern jetzt wirklich 30 Jahre Kämpfen und Engagement für die Ehe für alle.»

Ihrer Meinung nach ist es nicht ein Widerspruch, dass jetzt nicht der grosse Run auf die Standesämter stattfindet. Was in grossen Teilen passiere, sei, dass die Paare, die in eingetragener Partnerschaft leben, diese in eine Ehe umwandeln lassen. Aber eine Eheschliessung sei auch eine Frage des Timings. «Wir wissen ja erst seit letztem September, dass die Ehe für alle wirklich kommen wird, und noch etwas später, dass sie im Juli in Kraft tritt.»

Auch gleichgeschlechtliche Paare würden sich gerne Zeit für das Planen einer schönen Hochzeit nehmen. Zudem habe es auf den Standesämtern teilweise Konfusionen gegeben. «Nicht allen war trotz der klaren Weisung des Bundes klar, dass sich Paare auch schon vor dem 1. Juli überhaupt anmelden können.»

HeuteMorgen, 01.07.2022, 06:00 Uhr

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