Erst kürzlich sorgte die Sekundarschule Muttenz im Kanton Baselland für eine kleine Kontroverse. Sie hatte den Jugendlichen vorgeschrieben, in «angemessener» Kleidung aufzutauchen. Dies wiederum rief den Kanton auf den Plan. Er erinnerte daran, dass Kleidervorschriften rechtlich gesehen nur in begrenztem Ausmass zulässig sind und pfiff die Schule zurück.
Die Diskussion um Kleidervorschriften beschäftigt nicht nur in Baselland, sie wird an Schulen aus der ganzen Schweiz geführt. Teilweise führt dies zu kreativen Lösungen. Wir haben einige spannende Beispiele zusammengetragen.
Verzicht auf Regeln
Ganz ähnlich wie Baselland geht der Kanton Bern das Thema an, man spricht sich grundsätzlich gegen Kleidervorschriften aus. Den Schulen wird empfohlen, auf Dresscodes zu verzichten, heisst es auf Anfrage. Diesem Aufruf folgte zum Beispiel die Berner Berufsfachschule für medizinische Assistenzberufe be-med.
Im Frühling sorgten die Kleidervorschriften dort für Diskussionen. Schülerinnen, welche die Vorschriften nicht einhielten, mussten ein T-Shirt der Schule anziehen. Nun teilt der Rektor, Christoph Haenssler, mit: «Wir haben auf Schulbeginn im August 2021 alle Kleidungsvorschriften gestrichen – es gibt keine Regelung mehr.» Und zur Trainerhose sagt er: Das sei an seiner Schule nie ein Thema gewesen.
Schülerinnen und Schüler besuchen die Schule in korrekter Kleidung und mit unverhülltem Gesicht.
Auch im Kanton Thurgau wird auf Regeln verzichtet. An der Kantonsschule Romanshorn gibt es keine eigentliche Kleiderordnung. Es gelte der Grundsatz, so Prorektor Ruedi Herzog auf Anfrage, wer sich an einer Bekleidung seines Gegenübers störe, der melde sich.
Die Lehrpersonen seien in diesem Fall angehalten, das Outfit der Schülerin oder des Schülers zu thematisieren. «Man kleidet sich an der Kanti Romanshorn dem Anlass entsprechend», sagt Ruedi Herzog weiter. Die allgemeinen Erwartungen seien da das Mass. Damit habe man an der Schule gute Erfahrungen gemacht.
Kontrolle mit dem Messband
Im Kanton Freiburg steht im Gesetz über die obligatorische Schule in Artikel 34: «Schülerinnen und Schüler besuchen die Schule in korrekter Kleidung und mit unverhülltem Gesicht.» Was korrekte Kleidung ist, muss jede Schule selbst definieren. Anfang Jahr schlug ein Vorfall am Kollegium Gambach in Freiburg hohe Wellen. Eine 16-jährige Schülerin erscheint ohne BH zum Unterricht. Dafür kassiert sie von ihrem Lehrer einen Rüffel. Dies löste an den Freiburger Schulen eine heftige Sexismus-Debatte aus.
Keinen Raum für Interpretation liess eine Solothurner Sekundarschule im Jahr 2017. «Bis hierher kann die Hose gehen, nicht kürzer» wurde anhand einer Zeichnung in der Kleiderordnung erklärt. Mit dem Messband auf die Schülerschaft loszugehen, das passe nicht, fanden Schulleiterinnen und Schulleiter. Man solle die Schülerinnen und Schüler individuell ansprechen, rieten andere. Das kantonale Volksschulamt Solothurn will keine einheitlichen Regeln.
Im Kanton Aargau gaben vor ein paar Jahren Schlabber-T-Shirts zu reden, die die Schülerinnen und Schüler anziehen mussten, wenn sie gegen die Kleidervorschriften verstossen hatten. Die Massnahme war bei Lehrpersonen und Schülerschaft umstritten. Unangemessener Pranger, sagten die einen. Präventiveffekt, meinten andere.
Kantonal festgehalten ist im Aargau nur, dass die Schülerinnen und Schülern den Lehrpersonen «mit Achtung» begegnet und dass die Eltern die Verantwortung dafür tragen, dass ihre Kinder unter anderem «anständig bekleidet» erscheinen.