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Im Untergrund St. Gallens verborgene Schätze: Einblick in den Stiftsbezirk

Die Kellerräume des St. Galler Stiftsbezirks sind kaum zugänglich. Ein seltener Einblick zeigt, wie vielfältig der Untergrund genutzt wird.

Der Stiftsbezirk in St. Gallen ist Unesco-Weltkulturerbe. Heute sind dort die Barockkirche, die Wohnung des Bischofs, aber auch der Kantonsratssaal, eine Schule und das Gefängnis der Kantonspolizei untergebracht. Es wird gearbeitet, gebetet, gelernt und gewohnt.

Stiftsbezirk und Stadt St. Gallen
Legende: Der Stiftsbezirk (links) grenzt an die Altstadt von St. Gallen. Keystone / Martin Rüetschi

Die Unterkellerung des ganzen Stiftsbezirks ist für die Öffentlichkeit kaum zugänglich. Am Welterbetag 2025 werden für einmal alle Türen geöffnet. Ein Augenschein zeigt, wie vielseitig die Nutzung des Untergrundes heute ist.

Ein Gewölbegang
Legende: Das Gewicht der Bauten im Stiftsbezirk wird von Säulen im Gewölbekeller getragen. SRF / Christian Masina

Der grösste Teil des Unterbaus des Stiftsbezirks ist gut ausgebaut. «Die Gänge lassen zudem erahnen, was über dem Keller ist», sagt Silvio Frigg, der die Zentralen Dienste der Stiftsbibliothek leitet. «Dort, wo es viele Pfeiler hat, ist etwas Schweres darüber.» Zum Beispiel das schwere barocke Treppenhaus mit vielen Leuten. Wenn es weniger Pfeiler hat, ist der Raum darüber weniger genutzt. In einem Teil des Kellers befindet sich ein Museum.

Das Museum

Im Museum, welches zur Stiftsbibliothek gehört, wird die Geschichte des St. Galler Stiftsbezirks gezeigt. Auch Originalhandschriften aus der über 1400 Jahre alten Geschichte des Stiftsbezirks gehören zur Ausstellung.

Im Versteckten ist eine Grundwasserfassung. Der Brunnen gewährte dem Stiftsbezirk Unabhängigkeit von der Stadt, die rund um die Klostermauern anwuchs.

Eine alte Quellfassung
Legende: Der Brunnen ist im Untergrund etwas versteckt. Er liegt direkt unter der Küche des Fürstabts. SRF / Christian Masina

Wenn es im Mittelalter Streit mit der Stadt gab, hatte das Kloster dank dieses Brunnens eigenes Wasser. Das Wasser konnte durch eine Luke im Boden direkt vom Brunnen im Keller in die Küche des Fürstabtes hochgezogen werden.

Im Stiftsbezirk gibt es auch eine Schule: die «Buebeflade». Die «Flade»-Schule bietet reine Knaben- und reine Mädchenklassen an. Sie hat auch gemischte Klassen. Im Stiftsbezirk sind die Knabenklassen der «Flade» untergebracht.

Die Schule

Wo früher Wein lagerte, wird jetzt also gearbeitet oder die Mittagszeit verbracht.

Die Räume waren zu gut abgedichtet.
Autor: Silvio Frigg Leiter Zentrale Dienste der Stiftsbibliothek

Wobei die Gewölbekeller für den Wein nicht gut waren, erzählt Silvio Frigg. «Die Räume waren so gut abgedichtet, dass sie muffelig rochen und auch der gelagerte Wein diesen Geruch annahm.» In den meisten der Kellerräume des Stiftsbezirks lagerten im Mittelalter dennoch Lebensmittel für täglich bis zu 300 Mahlzeiten.

Büroplätze im ehemaligen Weinkeller
Legende: Heute wird im ehemaligen Weinkeller gearbeitet. SRF / Christian Masina

Die Gänge im Untergrund sind zum Teil eng. Sie führen durch den zusammenhängenden Unterbau des Stiftsbezirks. Auch zu einer ganz besonderen Türe.

Diese Türe wurde letztmals im Jahr 2017 geöffnet.
Autor: Silvio Frigg Leiter Zentrale Dienste der Stiftsbibliothek

Diese eine Türe ist besonders stark gesichert. Sie wurde letztmals im Jahr 2017 geöffnet. Es ist die Verbindungstüre zwischen den Kellerräumen, die heute dem katholischen Konfessionsteil St. Gallens gehören, und jenen, die im Besitz des Kantons sind.

Enge Gänge und geheime Türe

In diesen Kellern hat es heute unter anderem eine Schreinerei. Über den Kellern, die dem Kanton gehören, befinden sich der Kantonsratssaal, Büros der Verwaltung und Regierung und das Gefängnis der Kantonspolizei St. Gallen. Früher waren hier die Schlafsäle der Mönche.

Im Kellerteil, der dem katholischen Konfessionsteil St. Gallens gehört, ist heute das Stiftsarchiv.

Archiv im Untergrund.
Legende: Im Stiftsarchiv werden Dokumente des ehemaligen Benediktinerklosters aufbewahrt. SRF / Christian Masina

Die Kellerräume sind sicher. Deshalb wird hier auch viel archiviert. Im Stiftsarchiv werden die Dokumente der Fürstabtei von etwa 720 bis zur Auflösung des Klosters im Jahr 1805 aufbewahrt.

Die Kathedrale und eine Miniaturplastik des Stiftsbezirks im Vordergrund
Legende: Im Hintergrund die St. Galler Kathedrale. Im Vordergrund eine Plastik, die den Stiftsbezirk in Miniaturform zeigt. Keystone / Christian Masina

Die Räume sind seit der Sanierung trocken und geruchsfrei. Nebst Archivräumen gibt es zudem viele Technikräume, um den riesigen Untergrund und die vielen darüberliegenden Gebäude zu versorgen.

Regionaljournal Ostschweiz, 10.6.2025, 17:30 Uhr ; 

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