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Impfstoff-Verteilung Abgelaufene Impfdosen: Wieso wurden sie nicht früher verteilt?

In der Schweiz sind 620'000 Moderna-Impfdosen abgelaufen. Warum funktioniert die Impfstoff-Verteilung an ärmere Länder nicht?

Bei über 620'000 Corona-Impfdosen des Herstellers Moderna ist die Haltbarkeit überschritten – die Dosen drohen im Abfall zu landen. Wie RTS berichtete, seien 200'000 Impfdosen in den Kühlschränken der Kantone und 420'500 in der Armeeapotheke blockiert.

Es wurde bewusst in Kauf genommen, dass unter Umständen zu viel Impfstoff für den Bedarf der Schweiz beschafft wurde.
Bundesamt für Gesundheit (BAG)

Dass die Haltbarkeit des Moderna-Impfstoffes von sieben auf neun Monate erhöht wurde, konnte das Haltbarkeitsproblem auch nicht lösen. Der Grund: Die Zahl der Impfungen in den letzten Monaten ist stark gesunken – im Mai wurden pro Tag noch 1200 Impfungen verabreicht.

Weitergabe der Impfstoffe an arme Länder versagt

Diese Möglichkeit des Ablaufs sei Teil der Beschaffungsstrategie vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) gewesen: «Es wurde bewusst in Kauf genommen, dass unter Umständen zu viel Impfstoff für den Bedarf der Schweiz beschafft wurde. Ziel war es, die Bevölkerung in der Schweiz jederzeit mit einer genügenden Menge der wirksamsten zur Verfügung stehenden Impfstoffe zu schützen», schreibt das BAG auf Anfrage. Der Entsorgung der betroffenen Impfdosen müsste das BAG noch zustimmen.

Im Februar 2022 hatte das BAG in einem Communiqué mitgeteilt, dass bis Mitte 2022 maximal 15 Millionen Franken für die Weitergabe an Covax freigegeben wurden. Das globale Impfprogramm stellt sicher, dass möglichst viele Menschen weltweit Zugang zu sicheren und wirksamen Covid-Impfstoffen erhalten.

So viel würde die Entsorgung der Impfdosen kosten

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Die Kosten für die Vernichtung der Impfdosen würden sich auf einen Franken pro Kilogramm belaufen, wie RTS berichtete.

Wie hoch der Wert der Impfdosen im Einkauf war, sei Bestandteil der Verträge mit den Herstellern und deshalb vertraulich, schreibt das BAG auf Anfrage. «Die Verträge sollen aber der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Zum Schutz der legitimen Interessen der Vertragspartner hat das BAG den Konsultationsprozess zu möglichen Schwärzungen eingeleitet.» Laut BAG sei dieses Verfahren aktuell im Gang.

Trotzdem stellt sich die Frage, weshalb die Impfdosen nicht rechtzeitig an das Covax-Programm weitergeleitet wurden. «Wie viele Dosen effektiv weitergegeben werden können, ist aktuell noch Gegenstand von Verhandlungen zwischen Covax, den Herstellern und dem Bund», begründet das BAG. Dieser Prozess sei komplex – hinzu komme, dass Staaten mit tiefem und mittlerem Einkommen begrenzte Abnahmekapazitäten hätten. Die globale Impf-Allianz, die das Covax-Programm betreut, hat auf Anfrage keine Stellung genommen.

Heftige Kritik vonseiten der NGO Public Eye

Gabriela Hertig, Fachverantwortliche für Gesundheitspolitik bei der Nichtregierungsorganisation Public Eye, kritisiert die ungleiche Impfstoffverteilung gegenüber SRF und spricht vom Vetorecht der Pharmafirmen. Damit könnten Pharmakonzerne verhindern, dass reiche Länder ihre überschüssigen Impfdosen spenden können.

«Sie können entscheiden, welches Land welche Dosen bekommt», sagt Hertig. «Das hat damit zu tun, dass in diesen Verträgen Haftungsklauseln drin sind. Das heisst, Länder müssen eventuelle Risiken für Nebenwirkungen übernehmen.» Wenn ein Land diese Sicherheit nicht bieten könne, dann könnten Pharmafirmen unter Umständen das Veto einlegen.

Moderna nimmt keine Stellung zu den Vorwürfen

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Auf diesen Vorwurf des Pharma-Vetorechts hat Moderna auf Anfrage keine Stellung bezogen. Sie seien jedoch bemüht, weiter in den Ausbau ihrer Kapazitäten zu investieren.

«Seit Beginn der Pandemie haben wir etwa 25 Prozent unseres weltweiten Impfstoffangebots von 825 Millionen Dosen durch Direktverkäufe oder Spenden an Menschen mit niedrigem bis mittlerem Einkommen geliefert», schreibt Moderna.

Tiefe Impfnachfrage auch bei Apotheken

Auch Natalia Blarer Gnehm, Apothekerin in Zürich, ist betroffen, dass so viele Impfdosen im Abfall landen könnten. Trotzdem betont sie, dass eine genaue Planung schwierig sei. Auch für ihre Apotheke sei es nicht einfach, eine bestimmte Menge an Impfdosen zu bestellen, weil sie nicht wüssten, wie lange sie haltbar seien.

«Wir müssen einzelne Impfdosen wegwerfen, wenn wir ein Vial nicht vollends verimpfen können», sagt Blarer Gnehm. «Bei Moderna haben wir 20 Booster-Dosen, die wir verimpfen müssen, um das Vial aufzubrauchen. Das ist bei der aktuellen Nachfrage häufig nicht mehr der Fall.»

Eine weitere grosse Entsorgungsaktion könnte noch folgen: Nach den letzten verfügbaren Daten, so RTS, warten etwa 7 Millionen Dosen in den Kühlschränken der Armee. Ausserdem hat der Bund 34 Millionen Impfdosen für 2022 gekauft – damit könnte jede impfwillige Person fünf- bis sechsmal geimpft werden.

Tagesschau, 27.05.22, 12:45 Uhr

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