Zum Inhalt springen

Indirekte Waffenlieferungen Die neutralitätspolitische Wende ist in weite Ferne gerückt

Es wäre eine neutralitätspolitische Wende gewesen: Schweizer Panzer oder Munition – legal weitergeleitet an die Ukraine. Deutschland drängt darauf seit Kriegsbeginn. Die Schweizer Rüstungsindustrie ebenfalls. Als vor wenigen Wochen dann die SP-Spitze umschwenkte, schien eine politische Koalition für Schweizer Waffenhilfe plötzlich möglich.

 Heute aber wissen wir: Es gibt keine Mehrheit dafür. Weil die wichtigsten «Partner» SP und FDP schlicht nicht das Gleiche wollen.

Auch Ständerat versenkt Vorstoss

Die FDP möchte die Regeln generell lockern. Westliche Staaten sollen Schweizer Panzer, Geschütze oder Munition unter bestimmten Bedingungen frei weitergeben dürfen. Nicht nur an die Ukraine, sondern wohin immer sie wollen. Das gefällt der Rüstungsindustrie – nicht aber der Linken und Teilen der Mitte: Im Ständerat ging die Idee am Montagabend bachab.

Das war Rückschlag Nummer 1 für die neutralitätspolitische Wende.

Rückschlag Nummer 2 kam heute im Nationalrat. Hier erlitt das von der SP favorisierte Konzept Schiffbruch. Die SP möchte Schweizer Waffen ausschliesslich der Ukraine zuhalten. Weil das ein neutralitätsrechtliches «No Go» wäre, hat sie ein kompliziertes Konstrukt entworfen – ein Konstrukt, das Weitergaben an Länder ermöglicht, die illegal angegriffen worden sind.

Bei den Vorberatungen waren freisinnige Sicherheitspolitiker noch an Bord – beim Vorentscheid in der vorberatenden Kommission gab es eine Mehrheit. Heute im Nationalrat machte die FDP-Fraktion aber nicht mit.

Ist noch ein Kompromiss möglich?

Im Raum steht nun noch ein sogenannter «Kompromiss»: Westliche Länder sollen unter bestimmten Bewilligungen Schweizer Waffen frei weitergeben dürfen. Bei Lieferungen an Kriegsländer wie die Ukraine würden dieselben Bedingungen gelten wie im heute gescheiterten Konzept der SP. In der vorberatenden Kommission hat der «Kompromiss» zwar eine Mehrheit erzielt. Aussagekräftig ist das nicht: Dieselbe Kommission hatte auch der heute gescheiterten Lösung zugestimmt.

Die Parteien folgen ihren eigenen Sicherheitspolitikern bei weitem nicht immer. Nüchtern betrachtet vermengt der «Kompromiss» Ideen, die inzwischen separat bereits gescheitert sind. Die verschiedenen Probleme und Widerstände bleiben, ja könnten sich sogar aufsummieren.

Schweizer Waffen für die Ukraine: Die neutralitätspolitische Wende ist in weite Ferne gerückt.

Echo der Zeit, 0^8.03.2023, 2023

Meistgelesene Artikel