Das Liechtensteiner Landesspital hat keine Intensivstation und nur gerade fünf Beatmungsgeräte. Von schweren Fällen wurde Liechtenstein bislang verschont, die rund 80 Coronapatienten konnte man auf Isolierstationen pflegen. Trotzdem beobachtet man hier die Pandemie mit grosser Sorge.
Vor allem Hinweise auf eine zweite Welle müsse man frühzeitig erkennen, sagt Gesellschaftsminister Mauro Pedrazzini: «Wir sind interessiert an einem Frühwarnsystem. Gerade jetzt, in einer Situation, in der wir schrittweise und langsam die Massnahmen, die wir getroffen haben, wieder aufheben wollen.»
Jeder 20. Einwohner macht mit
Liechtensteins Methode ist aussergewöhnlich. 2000 Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner, das sind fünf Prozent der Bevölkerung, tragen nachts ein Armband. Dieses misst Hauttemperatur, Puls, Atmung und Blutfluss.
Bei erhöhter Temperatur oder unregelmässigem Atem schickt das Armband seinem Träger eine Nachricht und schlägt Alarm, wie Lorenz Risch, Professor für Klinische Chemie an der Universität Bern erklärt. Er ist beteiligt am Liechtensteiner Pilotprojekt. «Man muss nicht warten, bis man 38 Grad Fieber hat. Es reicht, um sagen zu können, dass jemand einen steilen Anstieg hat.»
Wenn man eine Infektion entwickle, sei auch der Puls leicht höher, ergänzt er. «Das sind alles Marker, die helfen, die Leute früh zu erkennen, bevor sie Symptome entwickeln.» Entscheidend sei, dass sich die Betroffenen dann möglichst schnell auf das Coronavirus testen liessen und sich isolierten.
Ursprünglich eine Zyklus-App
Neben der Trägerin oder dem Träger bekommt auch Risch eine anonymisierte Nachricht. Diese werde für das Monitoring möglicher Corona-Infektionen verwendet. Um Missbrauch zu verhindern, habe man das Projekt mit dem Armband von der Zürcher Ethikkommission prüfen lassen, so Risch.
Wir werden eine Infektion mit dem Armband nie diagnostizieren, wir werden nur eine Wahrscheinlichkeit einer Infektion einschätzen.
Eigentlich wurde es vom Zürcher Jungunternehmen Ava entwickelt, um die fruchtbaren Tage bei Frauen zu erkennen. Nun wird es sozusagen zweckentfremdet. Maureen Cronin, die ärztliche Leiterin bei Ava, betont, dass das Armband den Corona-Test nicht ersetzen könne: «Wir werden eine Infektion mit dem Armband nie diagnostizieren, wir werden nur eine Wahrscheinlichkeit einer Infektion einschätzen.»
Das Pilotprojekt dauert bis Ende Jahr und kostet rund 700'000 Franken. Es wird zu einem grossen Teil vom Fürstenhaus getragen. Das Robert-Koch-Institut in Berlin hat Anfang April ein ähnliches Projekt gestartet. Mit einer App sollen Daten von Fitness-Armbändern an einen zentralen Rechner übermittelt werden, der dann ebenfalls ein Gesundheitsprofil berechnet.