Kürzlich ging eine Solaranlage auf Schweizer Bahngeleisen in Betrieb; es gibt Parkplätze, die mit Solaranlagen überdacht werden, und Kläranlagen mit faltbaren Solardächern. Ganz anders hingegen kommt die Solaranlage im Gewächshaus im aargauischen Rütihof daher: pinke, gelbe, violette und durchsichtige Platten statt schwarze Module. Fast wie eine Kunst-Installation.
-
Bild 1 von 2. Der Kanton Aargau hat sich am Projekt mit 50'000 Franken beteiligt. Es sei eine Möglichkeit, das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen, fand der Regierungsrat. Bildquelle: zvg/Kanton Aargau.
-
Bild 2 von 2. Die Pflanzen erhalten jene Lichtspektren, die sie zum Wachsen brauchen. Aus dem Rest wird Strom gemacht. Doppelte Sonnennutzung, sagen die Zuständigen dieser Technik. Bildquelle: Keystone/Urs Flüeler.
Die Anlage in Rütihof bei Baden läuft mit einer speziellen Filtertechnologie. Diese braucht es, weil die Anlage über den Pflanzen im Gewächshaus angebracht ist. Schwarze Module würden zu viel Schatten werfen, deshalb die farbige Lösung. Die Module sind beweglich. Sie richten sich ähnlich einer Sonnenblume gegen die Sonne aus.
Licht wird speziell gefiltert
Dafür wurde die Solaranlage des Start-ups Voltiris im Aargau installiert. Ein Filter in den farbigen Solarpanels sorgt dafür, dass das Licht ungehindert ins Gewächshaus gelangt. Gleichzeitig werden die Lichtwellen, die es für die Stromerzeugung braucht, herausgefiltert.
Wir können die Sonne doppelt nutzen.
Die Pflanzen brauchen für die Photosynthese nur rotes und blaues Licht. Der Rest des Lichtspektrums wird im Fall der Anlage in Rütihof für die Stromproduktion verwendet. «Wir können die Sonne doppelt nutzen», sagt Dominik Blaser von der Firma Voltiris. Weil sich die Anlage im Gewächshaus und nicht auf dem Dach befindet, braucht es kein Baugesuch.
1730 solche farbigen Solarpanels sind im Aargauer Gewächshaus montiert. Das entspricht etwa der Fläche von 17 Einfamilienhaus-Dächern. Es sei die weltweit grösste Anlage dieser Art, freut man sich im Aargau.
Tonnenweise Tomaten aus Aargauer Betrieb
Die neuartige Anlage steht auf dem Gewächshaus der Firma Meier Gemüse AG. Der Familienbetrieb produziert in Gewächshäusern 1500 Tonnen Tomaten und 1 Million Kilogramm Gurken pro Jahr.
Ruedi Meier, Inhaber der Firma Meier Gemüse AG, findet den Anblick der farbigen Solarmodule spannend: «Es ist ein neues Bild für uns. Es schaut durch die unterschiedlichen Spiegelungen jeden Tag anders aus. Aber für die Pflanzen ändert sich eigentlich nicht viel.»
Die Anlage in Rütihof sei ein Vorzeigeprojekt in einem Betrieb, der schweizweit neue Wege beschreite und dabei wichtige Erkenntnisse gewinnen könne, sagte der Aargauer Landwirtschaftsdirektor Markus Dieth (Die Mitte) bei der Eröffnung. Deshalb hat sich der Kanton Aargau mit 50'000 Franken am Projekt beteiligt. «Die Solaroffensive bringt die Energiewende konkret voran», findet Markus Dieth.
Kleine Schritte
Wo sich solche Agri-PV-Anlagen künftig durchsetzen werden und welche Technologie mehrheitsfähig ist, muss sich wohl noch zeigen. Erste Schritte, wenn auch kleine, sind gemacht, unter anderem auf dem Aargauer Gemüsebetrieb.
Das Ziel in Rütihof ist, dass die Firma Meier Gemüse 5 bis 10 Prozent des Stroms, den es in den Gewächshäusern braucht, selbst produzieren kann. «Bevölkerung, Politik und Detailhandel haben das angestossen – jetzt bin ich bereits Fan dieser Technik. Das Potenzial ist gross», sagt Gemüseproduzent Ruedi Meier.